Die Ampel-Regierung auf Bundesebene hat eine herbe Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht einstecken müssen, die vermutlich auch Rückwirkungen auf den Landeshaushalt für 2024 haben dürfte. Die Bundesregierung darf nach einem am Mittwoch verkündeten Urteil rund 60 Milliarden Euro, die in den „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) übertragen wurden, nicht ausgeben – denn es handelt sich um Kredite, die aus Sicht der Verfassungsrichter nicht erlaubt sind.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte für den KTF alte, nicht genutzte Kreditaufnahmerechte aus dem Jahr 2021 übertragen. Diese aber durfte der Bund seinerzeit nur deshalb in seinen Etat schreiben, weil sie mit einer Notlage begründet waren. Weil die Corona-Krise herrschte, durfte der Bund laut Grundgesetz von der Schuldenbremse abweichen und die Kreditaufnahmen festlegen. Nun betonen die Richter, Lindner hätte die Notlagen-Corona-Kredite nicht im Zweck umwidmen und auf Folgejahre schieben dürfen. Er hätte diese in dem Jahr ausgeben müssen, in dem die Notlage herrschte – also 2021.
Das Urteil reißt zunächst eine Lücke in den Bundeshaushalt. Vorgesehen war, dass aus dem KTF auch Co-Finanzierungen für die Länder geleistet werden, beispielsweise das Waldumbau-Programm. Auch die geplante Senkung der Stromsteuer, die von der niedersächsischen Landesregierung als „noch nicht ausreichend“ angesehen wird, sollte auf diesem Weg finanziert werden. Nun bedroht der Karlsruher Richterspruch einige der Vorhaben, da die Möglichkeit besteht, dass der Bund die mit Bezug zum KTF zugesagten Zuschüsse zurückzieht.

„Die Aussichten auf Finanzierungen des Bundes sind mit diesem Urteil nicht gerade besser geworden“, erklärte Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen am Mittwoch. Nun müsse man in aller Ruhe schauen und die Möglichkeiten ausloten. Erneut sagte Pörksen, dass Ministerpräsident Stephan Weil „kein Fan der Schuldenbremse“ sei. Gleichwohl stehe diese im Grundgesetz und müsse beachtet werden. Umso bedauerlicher sei aber, dass CDU und FDP bisher keinerlei Bereitschaft zeigten, die Schuldenbremse in der Verfassung zu lockern. SPD und Grüne allein können das nicht, auch nicht zusammen mit der FDP, denn Änderungen des Grundgesetzes erfordern eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat. Spekuliert wird nun über andere Auswege nach dem Urteil – beispielsweise drastische Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen. Steuererhöhungen indes dürften auf den Widerstand der FDP in der Ampel-Regierung stoßen.

Niedersachsen hatte in seiner Finanzplanung darauf verzichtet, einen ähnlichen Trick wie die Ampel-Regierung in Berlin anzuwenden. In verschiedenen „Sondervermögen“ des Landes sind insgesamt 3 Milliarden Euro angelegt. Die Bundesverfassungsrichter haben im aktuellen Urteil entschieden, dass jene Sondervermögen, die sich auf Notlage-Kredite aufbauen, unter einer besonderen Auflage stehen. Die dortigen Kreditaufnahmerechte müssten in dem Jahr, in dem sie begründet werden, auch genutzt werden – und zwar zur Abwendung der Notlage.
Das Corona-Sondervermögen des Landes ist noch mit …. gefüllt, es beruht auf Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2021. Nach dem Karlsruher Richterspruch dürfte es jetzt schwierig werden, mögliche späte Anforderungen aus der Corona-Zeit, etwa Erstattungen an Kommunen wegen der Impfzentren, mit frischen Krediten nach diesen alten Kreditaufnahmerechten zu erfüllen.

Die niedersächsische CDU enttäuschte am Mittwoch Hoffnungen von Rot-Grün, es würde zumindest in Hannover zu einer neuen Offenheit für ein Aufweichen der Schuldenbremse kommen. Der CDU-Finanzpolitiker Ulf Thiele sagte: „Den ersten Rufen nach einer Lockerung oder Änderung der Regeln entgegnen wir sehr klar, dass die Schuldenbremse eine absolut notwendige und sinnvolle Grundregel der Finanzpolitik ist, um nachfolgende Generationen vor einer übermäßigen Schuldenlast zu schützen.“