Bund müsste einen Fonds auflegen
Das müsse sich der Justizministerin zufolge aus zwei Gründen ändern. „Zum einen ist es ein Unterschied, ob das Opfer einen Rechtsanspruch wahrnimmt oder ob es als Bittsteller um Hilfe auftritt.“ Gerade Opfer von schweren Gewalttaten empfänden aber schon den Gang zum Polizeirevier und die Anzeige als Opferung ihrer Würde und Selbstständigkeit. Zum anderen entstehe durch den fehlenden Rechtsanspruch ein finanzielles Problem. Wird ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet, so fördert der Staat seine Arbeit. Je nach Begleitdauer können das bis zu 1100 Euro sein. Wird der Begleiter aber auf Wunsch des Opfers bestellt, müsste ihn eigentlich auch das Opfer bezahlen. Da das nicht zumutbar sei, springe in Niedersachsen die Stiftung Opferhilfe ein. „Ein allgemeiner Opferfonds, aus dem psychosoziale Prozessbegleiter bezahlt werden, würde nicht nur die Hemmschwelle senken, sondern auch die Stiftung Opferhilfe entlasten“, sagt Niewisch-Lennartz dem Politikjournal Rundblick. Allerdings sei es Sache des Bunds, einen solchen Fonds aufzulegen. Die bisherige Zurückhaltung in dieser Sache sei noch verständlich, weil viele Bundesländer mit dem Einsatz von psychosozialen Prozessbegleitern erst angefangen hätten. „Aber der generelle Bedarf ist da und deshalb muss sich bald etwas tun“, sagt die Justizministerin.Es soll ein abgestimmtes Vorgehen in allen Fragen des Opferschutzes auch über die bestehende Legislaturperiode hinaus ermöglicht werden
In Niedersachsen arbeitet das Justizministerium derzeit daran, die zahlreichen Opferschutz- und -hilfsangebote zu bündeln. Das Programm „Justiz plus“ soll die verschiedenen Akteure im Opferschutz besser miteinander verzahnen und Projekte aufeinander abstimmen. Das habe mehrere Gründe. Zum einen solle es die Außenwahrnehmung der Opferschutzangebote wesentlich verstärken. „Wir hören immer noch sehr oft, es werde ja kaum etwas für Opfer getan, dabei gibt es eine Vielzahl von Beratungseinrichtungen und Unterstützungsangeboten“, sagt Niewisch-Lennartz. Diese Angebote wurden auch bereits leicht verständlich und übersichtlich auf einer Webseite zusammengefasst, den Durchbruch bei der Bekanntmachung brachte das allerdings nicht. Zum anderen soll „Justiz plus“ den Flickenteppich der regionalen Programme und Konzepte auflösen.
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Neue Projekte sollen künftig nicht mehr in einzelnen Abteilungen erdacht, erprobt und ausgewertet werden, sondern unter zentraler Aufsicht und mit der Mitsprache anderer Einrichtungen. „Es soll ein abgestimmtes Vorgehen in allen Fragen des Opferschutzes auch über die bestehende Legislaturperiode hinaus ermöglicht werden“, heißt es dazu aus dem Justizministerium. Eine Vereinheitlichung etwa ist der Opferfonds für Ausgleichszahlungen. Bisher boten nur einzelne regionale Opfereinrichtungen an, zunächst den Schadensersatz oder das Schmerzensgeld an das Opfer zu bezahlen und sich das Geld in Raten von den einkommensschwachen Tätern zurückzuholen. Seit Anfang des Jahres gibt es einen solchen Fonds als zweijährigen Testballon auch bei der niedersachsenweit agierenden Stiftung Opferhilfe.