9. Mai 2023 · 
Inneres

Innenministerium trotzt Kritik des Rechnungshofes zur Digital-Strategie

Die scharfe, teilweise sogar vernichtende Kritik des Landesrechnungshofs (LRH) an der bisherigen Digitalisierung der Landesverwaltung ist vom Innenministerium in mehreren Punkten zurückgewiesen worden. Die Bewertung der Prüfbehörde bezog sich vor allem darauf, dass das „Online-Zugangsgesetz“ (OZG) des Bundes nur zu einem kleinen Teil - wie gefordert - zu Beginn dieses Jahres schon umgesetzt worden ist, nämlich für 333 von geforderten 6913 Dienstleistungen.

Foto: Maximilian König, SPD

Dazu erklärt nun das Innenministerium auf Anfrage des Politikjournals Rundblick: „Es ist zu konstatieren, dass die Vorgabe des OZG, für alle Verwaltungsleistungen Onlinedienste anzubieten, im vorgesehenen Zeitrahmen nicht umsetzbar war. Es ist aber nicht korrekt, dass keine Besserung in Sicht ist. Von einem Scheitern kann daher nicht gesprochen werden.“ Viele Projekte hätten durch eine „Neustrukturierung“ inzwischen „deutlich an Geschwindigkeit gewonnen“.


Lesen Sie auch:

Rechnungshof: Niedersachsen hat versagt bei der Digitalisierung der Verwaltung


Der LRH hatte, wie das Politikjournal Rundblick in der Montagausgabe exklusiv berichtete, in einer „beratenden Äußerung“ die bisherigen Bemühungen Niedersachsens um eine Digitalisierung der Behördenarbeit bewertet. Er war in einem längeren Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass die Steuerungsstruktur in der Landesverwaltung „unsystematisch und zergliedert“ sei. Das Land habe die Kommunen zu spät und unzureichend unterstützt. Der Rechnungshof fordert einen „radikalen Systemwechsel“ und bemängelt, dass die Landesregierung bisher an der Eigenverantwortlichkeit der jeweiligen Ressorts nicht gerüttelt habe.

Der Chief Information Officer (CIO), ein Stabsstellenleiter im Innenministerium, sei mit lediglich schwachen Kompetenzen ausgestattet, die IT-Strategie bleibe „ungenau und unverbindlich“. Teilweise seien veraltete Computersysteme im Einsatz, die aufwendig und wenig wirtschaftlich miteinander verknüpft werden müssten. Bei Cyber-Angriffen habe sich gezeigt, dass die Ansage des IT-Planungsrates, kurzfristig Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen, nicht geklappt habe. Lediglich vier von 44 Amtsbereichen hätten die auferlegten Schritte nach einem Jahr tatsächlich erfüllt. Es hat nach Darstellung des Rechnungshofes „ein inakzeptables Risiko für die IT-Sicherheit im Sicherungsverbund des gesamten Landesdatennetzes für einen langen Zeitraum“ bestanden.

Innenministerium will Kommunen 14 Millionen Euro geben 

Auf Nachfrage des Politikjournals Rundblick nimmt das Innenministerium jetzt zu einigen Vorwürfen Stellung. Dabei wird zunächst mitgeteilt, dass Ministerin Behrens im Kabinett für den Etat 2024 zusätzliche Mittel für die Unterstützung der Digitalisierung der Kommunen in Höhe von 14 Millionen Euro angemeldet habe. Im Juli entscheidet das Kabinett über den Etatentwurf für das kommende Jahr, im Dezember befindet dann der Landtag abschließend darüber. Das Innenministerium betont nun, es gebe mit der CIO-Stabsstelle und dem IT-Planungsrat „eine gute und leistungsfähige Struktur“. Diese solle „auch beibehalten werden“. Dann folgt der Satz: „Eine Fortentwicklung dieser Strukturen ist denkbar, grundlegende Veränderungen dieser bewährten Strukturen sind derzeit jedoch nicht vorgesehen.“



Noch im Mai wolle sich die Regierung mit der „Modernisierung der IT-Landschaft mit neuer Technologie wie Cloud und mit Künstlicher Intelligenz“ beschäftigen. Dann solle auch ein „gemeinsames Gremium zur Vereinheitlichung der IT-Architektur im Land“ geschaffen werden. Das Innenministerium habe vorgeschlagen, eine „zentrale Prüfkompetenz mit Berichtspflichten der Ressorts einzurichten“. Das derzeitige Sicherheitssystem müsse „angesichts wachsender Bedrohung aus dem Cyberraum weiterentwickelt“ werden. Auch ein Einzelplan für IT im Landeshaushalt sei „in Vorbereitung“, in diesem könnten ressortübergreifende Projekte gebündelt werden. Eine vollständige Zentralisierung jedoch sei nicht geplant, da sich Steuer-, Polizei- und Justizverwaltung in länderübergreifenden Fachverbünden mit der Digitalisierung befassen.

Ein wichtiger Kritikpunkt des Landesrechnungshofs betrifft die Zuständigkeiten – nämlich die Frage, warum der Landesbetrieb IT-Niedersachsen nicht für die gesamte Landesverwaltung zuständig sei. Das Innenministerium antwortet, IT-Niedersachsen sei schon jetzt ein „zentraler IT-Dienstleister, der viele zentrale Aufgaben des Landes übernimmt“. Im Koalitionsvertrag hätten SPD und Grüne sich zur „verstärkten Bündelung von IT-Kompetenzen“ verständigt. Dann heißt es weiter: „Die Landesregierung wird hierzu ein Projekt aufsetzen, um die künftigen Herausforderungen der IT-Dienstleister im Land zu ermitteln und die Aufgabenbereiche zu identifizieren.“

Dieser Artikel erschien am 10.5.2023 in Ausgabe #085.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail