Häuslebauer werden in Niedersachsen zur Ausnahmeerscheinung: Die Verkaufszahlen für Eigenheim-Bauplätze sind im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Wert seit Beginn der statistischen Datenerhebung im Jahr 1985 gefallen. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach bei der Vorstellung des Landesgrundstücksmarktberichts gestern von einem „historischen Tiefstand“.

Nur 5149 Bauplätze wechselten 2023 den Besitzer. Wie dramatisch dieser Rückgang ist, macht nicht nur der Blick auf die Vor-Corona-Zeit deutlich, als pro Jahr rund 12.000 Kaufverträge für Bauplätze in Niedersachsen abgeschlossen wurden. Vor der Jahrtausendwende lag die Zahl der Transaktionen im Vergleich zu 2023 auf einem vier- bis fünfmal höheren Niveau. Im Rekordjahr 1999 wechselten gar 26.475 Eigenheim-Bauplätze den Besitzer.

Bei den Bauplätzen für den Geschosswohnungsbau beobachtet Andreas Teuber, Vorsitzender des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Niedersachsen, zwar eine ähnliche Entwicklung. Nach dem Rekordminus im ersten Quartal 2023 sei die Talsohle aber wohl überschritten. „Es gibt erste Hinweise einer Trendwende“, zeigte sich Teuber optimistisch. Das sei umso wichtiger, weil der Geschosswohnungsbau bei der Wohnraumversorgung in Niedersachsen die Schlüsselrolle spiele. Die von der Bau- und sozialen Wohnungswirtschaft geforderte Senkung der Grunderwerbsteuer von 5 auf 3,5 Prozent ist für Behrens kein Thema. Ebenso wie Finanzminister Gerald Heere (Grüne) und Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) stehe auch die Innenministerin dem Vorschlag skeptisch gegenüber. „Wir haben nicht die Hoffnung, dass sich dadurch mehr Dynamik entwickelt“, sagte Behrens.
Individuelle Bauplätze werden nicht nur seltener, sondern auch teurer. 2021 war es noch die Ausnahme, dass ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt in Niedersachsen weniger als 100 Bauplätze pro Jahr verkauft. Inzwischen kommt nicht mal mehr die Hälfte auf so viele Verkäufe. Gleichzeitig ist der Durchschnittspreis für erschlossenes Bauland im vergangenen Jahr auf 129 Euro je Quadratmeter gestiegen, 2022 lag er noch bei 120 Euro. „Ein Angebot günstiger Bauplätze ohne einen finanziellen Verlust ist gar nicht mehr möglich“, sagte Teuber und verwies auf erheblich gestiegene Erschließungskosten. Dass Kommunen die Baulandpreise subventionieren, komme zudem in der gelebten Praxis seltener vor.
Die Innenministerin versicherte, dass die Kommunalaufsicht den Städten und Gemeinden bei der Baulandsubventionierung keine „Knüppel zwischen die Beine werfe“. „Wenn es die Kommune stärkt, dann macht das die Kommunalaufsicht mit. Wir sind nicht strenger als das, was im Gesetz vorgegeben wird“, sagte Behrens. Bei der strategischen Entwicklung hätten die Städte und Gemeinden viele Freiheiten, bei den freiwilligen Leistungen schaue die Aufsichtsbehörde den klammen Kommunen wiederum sehr genau auf die Finger.
Für Notare, die auf die Beurkundung von Grundstücks- und Immobilienkäufen in Niedersachsen setzen, sind insgesamt schwere Zeiten angebrochen. Die Zahl der Kaufverträge ist im vergangenen Jahr auf 78.000 Transaktionen gesunken. „Es ist der geringste Wert seit rund 35 Jahren. 1987 wurden letztmals weniger Kaufverträge registriert“, berichtete Behrens. Besonders stark ist der Rückgang nicht nur beim Bauland für individuelles Wohnen und Geschosswohnungsbau, sondern vor allem bei neuen Eigentumswohnungen. Hier stürzte die Zahl der Kaufverträge seit 2021 um 63,7 Prozent ab.

Anders als bei den Ein- und Zweifamilienhäusern, die sich in etwa wieder auf dem Preisniveau von 2020 eingependelt haben, werden für Eigentumswohnungen weiterhin Rekordpreise abgerufen. „Dass die nachlassende Nachfrage nicht zu nachlassenden Preisen geführt hat, lässt sich durch die gestiegenen Baukosten leicht erklären. Es gab keinen Landkreis mehr, in dem neue Eigentumswohnungen für weniger als 3000 Euro pro Quadratmeter vermarktet wurden“, sagte Teuber. Die Preise für Bestandswohnungen sind dagegen zurückgegangen und liegen nun bei 2340 Euro pro Quadratmeter.

Ein freistehendes Ein- oder Zweifamilienhaus kostete im Schnitt 260.000 Euro (Vorjahr: 300.000 Euro), ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte war für 250.000 Euro zu haben (Vorjahr: 290.000 Euro). Besonders auffällig ist der Preisrückgang für Bestandsimmobilien in den Großstädten und Metropolregionen, die sich den Preisen in den ländlicheren Regionen wieder etwas angenähert haben.
