Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt hat die Bildungspläne von CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann scharf attackiert. Das geforderte Moratorium bei der Inklusion nannte sie unverantwortlich. „Inklusion ist eine Frage der Haltung. Eine Moratorium würde Unsicherheit bei Schülern, Eltern, Lehrern und auch den Schulträgern schüren und Unruhe an die Schulen bringen. Es weiß auch niemand, wie es nach einem Jahr weitergehen soll“, sagte Heiligenstadt. Althusmann stelle nicht nur die Inklusion, sondern auch das UN-Menschenrecht in Frage. „Schüler mit Behinderung haben schließlich ein Recht darauf, auf eine Schule ihrer Wahl zu gehen. Jahrzehntelang haben Eltern dafür gekämpft, dass sie nicht von den Regelschulen ‚wegberaten‘ wurden.“ Die Kultusministerin hält es auch für einen Fehler, mit dem Thema Wahlkampf zu betreiben. Ihrer Meinung nach sollte es keinen Wahlkampf auf dem Rücken von Kindern mit Behinderungen geben.
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Heiligenstadt wirft der CDU auch vor, den Schulträger in Zukunft wieder weniger Spielraum zu geben. „Sie sollen verpflichtet werden, Haupt-, Real- oder Oberschulen wieder vorzuhalten, die Gesamtschule sind nicht mehr ersetzend. Das erfüllt mich mit Sorge, weil viele Gesamtschulen auf den Weg gebracht worden sind und manche Städte und Gemeinden keine Ober- und Hauptschule mehr haben.“ Die Ministerin sprach von einem Generalangriff auf die Gesamtschulen. Die CDU zettele eine neue Diskussion um Schulstrukturen an. Inzwischen gebe es 126 Gesamtschulen in Niedersachsen. „Die Eltern dieser Kinder hat Herr Althusmann nun alle auf seiner Gegenfahrbahn“, so Heiligenstadt.
Heiligenstadt kündigte zugleich an, dass an rund einem Dutzend Grundschulen in Niedersachsen ab dem kommenden Schuljahr das Fach „Werte und Normen“ erprobt werden soll. Es soll von Lehrern unterrichtet werden, die bereits über die Lehrbefähigung für das Fach an weiterführenden Schulen verfügen und an Grundschulen bereits andere Fächer unterrichten. Seit 1993 ist „Werte und Normen“ in Niedersachsen ein ordentliches Lehrfach ab der fünften Klasse. Mittelfristig soll es auch für Grundschüler diese Alternative zum Religionsunterricht geben. Die Grundschüler ohne Religionszugehörigkeit sind in Niedersachsen mit fast 73.000 inzwischen die zweitgrößte Gruppe. Mehr als 123.000 Schüler sind evangelisch, fast 47.000 katholisch und 21.000 sind Muslime. „Die Zahlen sind ein deutliches Anzeichen, dass wir uns der Frage nach einem alternativen Unterricht nicht länger verschließen können“, sagte Heiligenstadt.
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In dem Fach sollen ähnliche Themen wie im Religionsunterricht behandelt werden, allerdings ohne die christliche Komponente, wie es aus dem Kultusministerium heißt. Die Lehrer bekommen einen Rahmenplan , der später als Grundlage für ein Kerncurriculum dienen könnte. Nach einer erfolgreichen Erprobung im kommenden Schuljahr könnte das Fach dann in einigen Jahren könnte das Fach dann sukzessive regulär an den Schulen eingeführt werden. Zuvor müssten ein Studiengang und entsprechende Fachseminar für Lehrer eingerichtet werden. In vier ostdeutschen Bundesländern und in Bayern wird derzeit das Fach „Ethik“ an den Grundschulen angeboten, das aber mit dem Fach „Werte und Normen“ nicht durchgängig vergleichbar ist.
Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Försterling, kritisierte die Erprobung des Faches in der Grundschule als „komplett überflüssig“. Die Eltern wollten keine Testphase, sondern endlich eine Alternative zum Religionsunterricht. „Andere Bundesländer sind schon viel weiter und haben das Fach seit Jahren etabliert. Man muss also das Rad in Niedersachsen nicht erst neu erfinden“, so Försterling.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #101.