Prof. Guy Stern (97), Literatur- und Germanistikprofessor aus den USA, hat gestern im Landtag einen eindrucksvollen Vortrag gehalten. Stern stammt aus einer jüdischen Familie, die bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Hildesheim lebte. Er konnte damals als Jugendlicher in die USA emigrieren, während seine Eltern und seine Verwandten im Warschauer Ghetto starben oder später in Auschwitz umgebracht wurden. Stern berichtete über eine „Wiederannäherung“ an seine alte Heimat, die erleichtert worden sei durch Aufnahmebereitschaft und Zeichen des Wohlwollens in Hildesheim.
[caption id="attachment_40558" align="alignnone" width="780"] Guy Stern: "Hütet unsere demokratische Form, sie ist ein zartes Gebilde!“ - Foto: nkw[/caption]
Heute reise er regelmäßig in seine Geburtsstadt und treffe dort alte Bekannte und deren Nachkommen. Er danke seinen Eltern, die ihm Demut und Bescheidenheit gelehrt hätten. Nach der Machtergreifung der Nazis habe sein Vater ihm und seinem Bruder geraten, sie sollten „wie unsichtbare Tinte sein“, also ihre Persönlichkeit in der Öffentlichkeit nicht zum Ausdruck bringen, weil sie in der Diktatur sonst gefährdet seien. Stern beendete seine Ansprache, die mit kräftigem Beifall belohnt wurde, mit einer Mahnung: „Hütet unsere demokratische Form, sie ist ein zartes Gebilde!“Dieser Artikel erschien in Ausgabe #090.