13. Juni 2018 · 
Soziales

Grüne und FDP für Cannabis-Freigabe: „Die Prohibition ist gescheitert“

Grüne und FDP im Landtag wollen mit einem Modellprojekt eine mögliche Legalisierung von Cannabis auf den Weg bringen. Die beiden Fraktionen stellten am Mittwoch im Landtag einen gemeinsamen Antrag vor. Bei dem Modellprojekt sollen in einem bestimmten Gebiet lizensierte Anbieter wie zum Beispiel Apotheker kontrolliertes Cannabis an Erwachsene verkaufen dürfen. [caption id="attachment_33380" align="aligncenter" width="780"] Wollen das Hanf freigeben: Stefan Birkner und Anja Piel bei der gemeinsamen Pressekonferenz - Foto: MB.[/caption] Von der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes verspricht sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel belastbares Datenmaterial. „Dann können wir sehen, wie sich der Verbrauch tatsächlich entwickelt, und wir können darüber sprechen, wie Prävention und Verbraucherschutz verbessert werden kann.“ In die Analyse müssten auch die Entwicklung des Schwarzmarktes und die gesundheitlichen Folgen einbezogen werden. Piel zufolge müsste das Projekt am besten in einem urbanen Raum wie zum Beispiel Hannover, Braunschweig, Osnabrück oder Göttingen angelegt werden. „Man braucht einen übersichtlichen Markt mit genügend Apotheken, die sich beteiligen möchten.“ Für den FDP-Fraktionsvorsitzenden Stefan Birkner zeigt die gesellschaftliche Realität, dass die zentralen Ziele einer generellen Abschreckung sowie einzelne Täter durch die strafrechtliche Sanktionierung abzuhalten nicht erreicht wurden. „Die Prohibitionspolitik ist bei Cannabis gescheitert“ stellte Birkner fest. Deshalb müsse man beim Umgang mit Cannabis neue Wege gehen, die in einer Entkriminalisierung münden könnten. In dem Antrag stellen Grüne und FDP fest, dass mit der aktuellen Gesetzgebung ein wirksamer Verbraucherschutz nicht möglich sei. Auf dem Schwarzmarkt gekauftes Cannabis habe nicht selten einen erhöhten Wirkstoffgehalt oder sei mit gesundheitsgefährdenden Substanzen wie Glas, Blei oder Sand verunreinigt. Zudem binde die Kriminalisierung Kapazitäten bei Polizei und Staatsanwaltschaft, es komme aber nur selten zu einer strafrechtlich relevanten Verurteilung. Für das Modellprojekt bräuchte es eine Unterstützung des Bundes. Nötig wäre eine Ausnahmegenehmigung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. https://soundcloud.com/user-385595761/grune-und-fdp-wollen-cannabis-entkriminalisieren Unterstützung bekommen die beiden Oppositionsfraktionen allerdings weder aus Berlin noch aus Hannover. Die Großen Koalitionen in Bund und Land stehen einer Entkriminalisierung von Cannabis ablehnend gegenüber. Es gebe aktuell kein Bestreben, an der Gesetzgebung etwas zu ändern, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums. Es handle sich um ein umstrittenes und intensiv behandeltes Thema, und der Landesregierung sei auch bewusst, dass die Sanktionsmaßnahmen oft nicht griffen, sagte die Regierungssprecherin. Dennoch sei die übereinstimmende Auffassung, dass man von einer Freigabe absehen sollte. Bereits seit 2017 kann man Cannabis in der Apotheke kaufen, wenn es von einem Arzt verschrieben wurde. Es wird vor allem zur Behandlung von Schmerzpatienten eingesetzt. Die eingeschränkte Freigabe fand damals in einer Umfrage eine große Zustimmung. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker-Krankenkasse befürworteten 92 Prozent der Befragten die neue Regelung. Weniger als die Hälfte (43 Prozent) war der Meinung, dass Cannabis auch weiterhin nur bei schweren Erkrankungen verordnet werden sollte und 61 Prozent befürchteten eine schnelle Suchtgefahr von Cannabis als Medikament.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #111.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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