Der FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner bekennt sich zwar ausdrücklich zur Förderung der Erneuerbaren Energien, sieht aber einen grundsätzlichen Dissens mit der Politik der rot-schwarzen Landesregierung und auch mit den Positionen der Grünen. Er halte das festgelegte Ziel, bis zu einer festgelegten Jahreszahl einen Anteil von bestimmten Energieformen zu haben, nicht für richtig, erklärte Birkner im Interview mit dem NDR. So sinnvoll es sei, die Erneuerbaren Energien kräftig zu fördern und voranzutreiben, so „illusorisch“ seien die bisher damit verknüpften Daten und Zahlen. „Die Erneuerbaren Energien müssen einen sehr viel größeren Anteil an der Stromversorgung haben als bisher, das ist ohne Alternative, wenn wir die CO2-Belastung verringern wollen. Aber das von Umweltminister Olaf Lies ausgegebene Ziel, bis zum Jahr 2040 die Stromversorgung in Niedersachsen zu 100 Prozent auf erneuerbare Energiequellen umgestellt haben zu können, ist schlicht Illusion. Das wird nicht zu erreichen sein.“
Birkner erklärte seine Vorbehalte unter anderem gegenüber Plänen, die energieintensive Stahlproduktion in eine umweltfreundliche Stromerzeugung über Wasserstoff einzubetten. „Dazu werden wir sehr große Mengen Wasserstoff benötigen“, betonte Birkner. Nicht der ganze Strom, den man dafür benötige, könne über Windräder oder Solaranlagen hergestellt werden. „Es wird einen Anteil geben, der über ,blauen Wasserstoff‘ produziert wird, also über Erdgas.“ Der SPD/CDU-geführten Landesregierung warf der FDP-Landesvorsitzende vor, an dieser Stelle „keine schlüssigen Konzepte“ vorweisen zu können. Was Birkner hier andeutete, aber nicht ausführte, sind aktuelle Überlegungen, auf dem Areal früherer Kohlekraftwerke etwa in Wilhelmshaven eine Anlage zur Stromerzeugung aus Wasserstoff zu bauen. Erwogen wird, Teile der in Salzgitter traditionellen Stahlproduktion dann nach Wilhelmshaven zu verlagern. In den dort vorhandenen Kavernen könnte auch LNG-Flüssiggas – beispielsweise aus den USA – angeliefert werden. Bisher waren Pläne eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven, die beispielsweise von den Grünen als klimaschädlich vehement abgelehnt wurden, nicht sonderlich erfolgreich. Weiter westlich, in Emden, gedeihen gleichzeitig Pläne für den Bau eines Batteriezellwerkes – wovon das VW-Werk in Emden dann profitieren könnte. Beide Vorhaben aber, die Stahlproduktion in Wilhelmshaven und die Batterieproduktion in Emden, sind bisher noch nicht konkret geworden. An beiden Projekten wird im Hintergrund gearbeitet.
Im NDR-Interview verdeutlichte Birkner einen grundsätzlichen Unterschied zur Politik der anderen Parteien, insbesondere von Grünen und SPD. So lehne er es ab, den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik in Niedersachsen an bestimmte Quoten und Jahreszahlen zu knüpfen. Die Möglichkeit der Steuerung solle allein im CO2-Preis bestehen, der über den Emissionshandel ermittelt wird. Mit dem Element des Preises gelinge es dann, dem Markt ausreichend Anreize für alternative Wege zu geben. „Wir müssen raus aus der Mikrosteuerung.“ Die Politik der FDP sei es, einen ordnungspolitischen Rahmen zu setzen, in dessen Grenzen dann die Wirtschaft einen begehbaren Weg finde.
Kritik am schwachen Katastrophenschutz: Scharfe Kritik übte Birkner im Gespräch mit dem NDR an der Vorsorge der Landesregierung für mögliche Katastrophen wie Hochwasser oder Waldbrände. Er habe Zweifel, ob die notwendigen Vollübungen der Rettungskräfte ausreichend vom Staat gefördert und unterstützt würden. Das betreffe etwa das Deutsche Rote Kreuz oder andere Hilfsorganisationen. Bekannt sei seit langem, dass die Ausstattung des Katastrophenschutzes mangelhaft bleibe. Seit langem forderten Kommunen und Rettungsorganisationen jährliche Investitionen von sechs Millionen Euro – aber nur 1,7 Millionen würden vom Land gegeben. Hier müsse deutlich mehr passieren, betonte Birkner.