2. Juli 2020 · 
Soziales

Massive Kritik an Grundrente-Entscheidung

Prof. Frauke Brosius-Gersdorf, Professorin für Sozialrecht an der Uni Hannover, und Ralf Kreikebohm, ehemaliger Geschäftsführer der Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, haben massive Kritik an der Grundrente geübt, die der Bundestag am 2. Juli beschlossen hat. In einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreiben die beiden, die Grundrente verfolge zwar das richtige Ziel, langjährig Versicherten mit mindestens 33 Beitragsjahren einen Zuschlag zu geben.
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Aber die Ausformulierung sei verfassungswidrig, sie verstoße gegen die Eigentumsgarantie ebenso wie gegen den Gleichheitssatz im Grundgesetz. Wenn Versicherte mit 30 bis 80 Prozent des Bevölkerungsverdienstes eine höhere Rente bekommen sollen als jene, die mehr als 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes hatten, werde die Verfassung verletzt. Es sei auch nicht zu rechtfertigen, Versicherten mit weniger als 33 Beitragsjahren die Grundrente zu verwehren, auch wenn sie mehr Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben als jene mit mehr als 33 Beitragsjahren, die nun den Anspruch geltend machen können. Dass nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeit-Tätigkeit differenziert werde, sei ein weiteres Argument für die Verfassungswidrigkeit der Beschlüsse der Großen Koalition in Berlin. Versicherte in Vollzeit, die mehr als 80 Prozent des Bevölkerungsdurchschnitts verdienten, hätten so weniger Rente als Teilzeit-Kräfte, die weniger als 80 Prozent bekommen hatten. Brosius-Gersdorf und Kreikebohm vermissen in der Rentenpolitik zudem eine Lösung für die vier Millionen Selbstständigen in Deutschland, von denen 70 Prozent keine gesetzliche Altersversicherung haben. „Alternativlos“ ist aus Sicht der beiden Experten zudem eine Anhebung des Renteneintrittsalters (bisher 67) nach dem Jahr 2030. Aufgeschlossen sind Brosius-Gersdorf und Kreikebohm gegenüber der Idee der CSU, eine vierte Säule der Alterssicherung aufzubauen, die aus Unternehmensbeteiligungen besteht. Dies könne man mit dem „Green Deal“ verknüpfen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #125.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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