20. Aug. 2017 · 
Kommentar

Erster Auftrag für den neuen Landtag: ein Wassergesetz!

Darum geht es: Nach zähem Ringen um den Passus zu den Gewässerrandstreifen hatten Gegner und Befürworter beim Wassergesetz einen Kompromiss gefunden. Doch das Gesetz wird nun nicht mehr kommen. Ein Kommentar von Isabel Christian. Vertreter der Fraktion „Das haben wir schon immer so gemacht, das muss so bleiben“, dürften sich derzeit freuen. Weil es vorgezogene Neuwahlen gibt, fasst in dieser Legislaturperiode keiner mehr das geplante Wassergesetz an. Rot-Grün kann die geplante Novelle wegen der fehlenden Mehrheit nicht mehr durchbringen und in der bisherigen Opposition hält man das bestehende Gesetz für ausreichend. Doch wer glaubt, das Thema werde jetzt in den Archiven der Landtagsgeschichte begraben, der irrt. Es wird spätestens dann zum Wiedergänger, wenn die Europäische Union Deutschland wegen Nichteinhaltung von Nitratgrenzwerten in Gewässern verklagen sollte. Die Strafzahlungen wird der Bund sich anschließend womöglich von den Ländern zurückholen, bei denen es offensichtlich ist, dass sie mit dem Gewässerschutz zu lax umgegangen sind. Niedersachsen gehört dazu. Zugegeben, der Bund hat es den Ländern ja auch leichtgemacht. Bei der Beschlussfassung des Wasserhaushaltsgesetzes 2009 hat die Bundesregierung zwar europäisches Recht umgesetzt, doch den Landesparlamenten bei der Frage nach den Gewässerrandstreifen ein Hintertürchen offengelassen. Frei nach dem Motto: „Wenn’s euch so nicht gefällt, dann macht es doch anders.“ Niedersachsen hat das Türchen genutzt und statt der im Bundesgesetz pauschal festgelegten fünf Meter Randstreifen die Randstreifen für die sogenannten „Gewässer dritter Ordnung“ komplett abgeschafft. Das war in der Amtszeit von Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). In der Kategorie „Gewässer dritter Ordnung“ wird alles gesammelt, was kleiner als Flüsse und Seen ist. Die Regelung kommt den Landwirten zugute, deren Felder an kleinen Bächen oder Wassergräben grenzen. Ein fünf Meter breiter Randstreifen würde ihnen einen nicht unerheblichen Teil der Ertragsfläche nehmen, außerdem wäre er schwer einzuhalten. Lesen Sie auch:   Doch nun hat die EU Alarm geschlagen. In Deutschlands Gewässern ist zu viel Stickstoff und Phosphor. Das Land muss deshalb dafür sorgen, dass niedrigere Grenzwerte erreicht und danach auch eingehalten werden. Mit der kürzlich verabschiedeten Düngeverordnung versuchen Landwirte und Politik nun, das Problem für das Grundwasser in den Griff zu bekommen. Doch die oberirdischen Gewässer müssen auch auf andere Weise geschützt werden. Da reicht es nicht, dass größere Flüsse wie Weser und Ems den Randstreifen haben. Sie speisen sich schließlich auch aus den kleinen Bächen, die auf ihrem Weg in die Mündung schon die ganze Chemie einsammeln.
Dass es Handlungsbedarf gibt, wird auch die nächste Regierung nicht ignorieren können
Es ist verständlich, dass die Landwirte den ersten Entwurf der niedersächsischen Landesregierung für die Neufassung des Wassergesetzes nicht mittragen wollten. Selbst wenn fünf Meter Randstreifen noch bewirtschaftet werden dürften, wäre es unsinnig, ihnen darauf das Düngen zu verbieten, wenn sie doch über die Technik verfügen, die Gülle zielgenau zu verteilen. Doch ohne Randstreifen geht es auch nicht. Fließwasser trägt im Laufe der Jahre sein Bett ab, wenn auch nur in geringen Mengen. Trotzdem gelangen durch den Boden die Chemikalien ins Wasser. Setzt sich zudem die Tendenz zu mehr Regen in Niedersachsen fort und es gibt öfter Hochwasser, reißen selbst die kleinen Bäche größere Mengen des mit Dünger getränkten Bodens weg. All das landet in den Flüssen und Seen. Es ist daher ein akzeptabler Kompromiss, einen Meter Randstreifen vorzuschreiben, auf dem dafür nicht geackert wird. Die Landwirte können ihre Düngertechnik ausnutzen und müssen auf weniger Nutzfläche verzichten. Die Naturschutzbehörden hätten die Randstreifen als Indikator, falls sich jemand nicht an die Regeln hält. Und die natürlichen Erosionsprozesse des Wassers könnten vorerst ohne Chemie weitergehen. Es hat Monate gedauert, sich zu diesem Kompromiss durchzuringen. Diese Arbeit sollte man jetzt nicht in die Tonne werfen. Dass es Handlungsbedarf gibt, wird auch die nächste Regierung nicht ignorieren können. Besser, sie macht es sich leicht und nimmt bei der Neufassung des Wassergesetzes den Faden da wieder auf, wo er vor zwei Wochen fallengelassen wurde. Mail an die Autorin dieses Kommentars
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #142.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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