16. Juni 2020 · 
Inneres

Dürfen sich mehr als zehn Menschen treffen?

Die Frage, wie viele Menschen sich vom kommenden Montag an in der Öffentlichkeit treffen dürfen, hat nach Informationen des Politikjournals Rundblick zu einer kurzen Verstimmung in der SPD/CDU-Koalition geführt. Gegenwärtig ist der Entwurf einer neuen Verordnung zum Corona-Schutz im Umlauf. Verbände, Kommunen und die Landtagsfraktionen sollen bis Donnerstag dazu Stellung nehmen und Änderungen vorschlagen können. Am Freitag würde das Papier dann formvollendet werden – damit es von Montag an in Kraft treten kann. Eine wesentliche Änderung ist in dem Passus vorgesehen, der den Aufenthalt von Menschen im Freien anbelangt – eine Vorgabe, die in vielen anderen Ländern, vor allem in Thüringen, bereits weitgehend gelockert worden ist. Bisher ist in Niedersachsen noch vorgeschrieben, dass Ansammlungen von Menschen in der Öffentlichkeit „auf höchstens zwei Personen beschränkt“ sind. Ausnahmen seien aber Angehörige des eigenen Haushalts und die eines anderen Haushalts. Mit anderen Worten: Wenn sich zwei größere Familien treffen, die jeweils unter einem Dach wohnen, ist das bisher auch unabhängig von der jeweiligen Zahl der Familienmitglieder zulässig. Darüber hinaus gilt eine Ausnahme bisher dann, wenn zu politischen Demonstrationen aufgerufen wird - also etwa zu Anti-Rassismus-Kundgebungen, die es kürzlich auch in Niedersachsen gab.

CDU sorgt sich vor Treffen von Großfamilien

Im Entwurf für die ab kommenden Montag geltende Regel ist nun vorgesehen, dass nicht mehr maximal zwei Menschen sich in der Öffentlichkeit treffen können, sondern bis zu zehn. Hinzugefügt werden soll: „Mehr als zehn Personen sind zulässig, wenn die Zusammenkünfte und Ansammlungen aus Angehörigen bestehen – oder wenn die beteiligten Personen einem oder einem weiteren Hausstand angehören.“ Nach Rundblick-Informationen stößt dieser Passus bei der CDU-Landtagsfraktion auf Vorbehalte. So akzeptiert die Regel sei, dass sich die Mitglieder zweier Hausgemeinschaften treffen können, so verkehrt sei es nun aber, die neu geplante Obergrenze von zehn Personen gleich noch weiter lockern zu wollen und damit das Infektionsrisiko zu stark zu erhöhen. Befürchtet wird in CDU-Kreisen, dass die in jüngster Zeit in verschiedenen Orten auffällig gewordenen Clans, also Großfamilien, auf eine solche Regel berufen und gegen das weiter geltende Corona-Abstandsgebot verstoßen könnten. Das gelte auch für Gruppen, die auf engem Raum in Hochhäusern feiern – wie es jüngst in einem Hochhaus in Göttingen geschehen war. Die seit Monaten geltende Generalklausel für das Verhalten in der eigenen Wohnung soll offenbar mit der Änderung der Vorschriften nicht verändert werden. Weiter soll es heißen: „Jede Person hat physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.“ Auf der anderen Seite ist aber vorgesehen, dass Kinos und Theater wieder öffnen dürfen. Über eine Obergrenze von 450 Zuschauern etwa bei Fußballspielen wird derzeit diskutiert. Scholz kündigt neue Verordnung an: Etwa ab Mitte Juli wird vermutlich die bisherige Verordnung für Corona-Kontaktbeschränkungen generalüberholt, kündigte Krisenstab-Chef Heiger Scholz, Sozial-Staatssekretär, am Dienstag an. Dann würden viele Vorschriften vereinfacht werden, die Masken- und Abstandspflicht werde einheitlich beschrieben werden. Scholz sagte, die gegenwärtige Verordnung, die auf vielen nachträglichen Änderungen beruhe, sei schwer zu lesen: „Es ist eine Herausforderung, darin zu finden, was nun gerade gilt.“ Erwartung an neue Corona-App: Scholz hofft, dass mindestens 70 Prozent der Niedersachsen die neue Corona-App auf ihr Handy laden. Sie beruht auf Freiwilligkeit und kann anzeigen, dass jemand in einer Zeit des Ansteckungsrisikos in der Nähe einer Person war, die infiziert ist. „Die App kann zu dem Bewusstsein beitragen, dass das Virus noch nicht weg ist“, betont der Staatssekretär. Neues Bündnis geschmiedet: Gestern haben Ministerpräsident Stephan Weil und DGB-Landeschef Mehrdad Payandeh den Start des Bündnisses „Niedersachsen hält zusammen“ verkündet. Landesregierung, Arbeitgeberverbände, DGB, evangelische und katholische Kirche und die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP sind die Gründer dieses Bündnisses, das für weitere institutionelle Organisationen offen ist. Bedingung ist, sagte Weil, drei Grundprinzipien zu akzeptieren – dass das Virus gefährlich ist und die Beschränkungen nötig waren, dass nach wie vor ein Ansteckungsrisiko bleibt und dass die Gesellschaft jetzt „auf Abstand zusammenrücken“ müsse. Geplant sind Hilfsangebote für Schüler in den Sommerferien, Initiativen für Ausbildungsplätze und Diskussionsforen – beispielsweise für einen Ethikrat, wie ihn Ärzte und Kirchen Ende April der Landesregierung bisher erfolglos nahegelegt hatten. Eine virtuelle Konferenz zum Thema „Alltag nach Corona“ werde auch vorbereitet, kündigte Weil an. Die AfD hat mittlerweile signalisiert, dem Bündnis nicht beitreten zu wollen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #113.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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