1. Feb. 2019 · 
Kommentar

Diese Rettung dürfte der Anfang vom Ende der Nord/LB sein

Darum geht es: Das Land Niedersachsen als bisheriger und künftiger größter Eigentümer der Nord/LB hat sich für eine öffentlich-rechtliche Lösung entschieden – und damit gegen das Angebot der US-Finanzinvestoren. War das eine kluge Wahl? Ein Kommentar von Klaus Wallbaum. [caption id="attachment_32281" align="aligncenter" width="780"] eingeschlagene Weg ist mindestens so riskant für die Zukunft der Bank und den Haushalt des Landes Niedersachsen wie die Alternative, nämlich die Beteiligung der US-Investoren, meint Klaus Wallbaum- Foto: Mapics[/caption] Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) sind am Freitag zwar nicht als strahlende Sieger nach einer langen und zähen Verhandlungsrunde aufgetreten, aber immerhin doch erleichtert. Beide vermittelten den Eindruck, das absolut Richtige entschieden zu haben. Die hilfsbedürftige Nord/LB, die wegen fauler Schiffskredite und strengerer Anforderungen der Bankenaufsicht in eine Schräglage geraten ist, soll von der öffentlichen Hand gerettet werden. Das Konzept sieht vor, dass die deutsche Sparkassenfamilie und das Land Niedersachsen tief in die Tasche greifen. Beide Seiten bringen – teils über verschlungene Wege und bloße Garantieerklärungen – 3,7 Milliarden Euro auf. Das Angebot der US-Finanzinvestoren Cerberus und Centerbridge, das zwischenzeitlich als die wahrscheinliche Lösung galt, wird vom Land Niedersachsen dankend abgelehnt.

Eingeschlagener Weg ist riskant

Ist das nun ein Grund zur Freude? Sicher nicht. Der jetzt eingeschlagene Weg ist mindestens so riskant für die Zukunft der Bank und den Haushalt des Landes Niedersachsen wie die Alternative, nämlich die Beteiligung der US-Investoren. In beiden Konzeptionen ist eine erhebliche Schrumpfung der Nord/LB vorgesehen, die sinnvoll erscheint. Da schwingt die Vorstellung mit, dass eine vorwiegend regional engagierte Landesbank weniger riskante Geschäfte machen dürfte. Drastischer ausgedrückt: Ein vergleichbarer Unsinn wie mit den Schiffsfinanzierungen, der einige frühere Nord/LB-Manager unvorsichtig und abgehoben hatte werden lassen, dürfte dann unwahrscheinlicher werden.  In der Praxis bedeutet das jedoch auch, dass künftig, im Verlauf des Erneuerungsprozesses, deutlich weniger als die derzeit 6000 Beschäftigten dort tätig sein werden. Trifft nun der von Weil und Hilbers vermittelte Eindruck zu, dieser Prozess sei im warmen Schoß der gewohnten und bekannten Sparkassenfamilie einfacher zu bestehen als unter Hinzuziehung fremder US-Investoren? Da soll man sich nicht täuschen: Entscheidend sind am Ende die harten Zahlen und Fakten. Eine verkleinerte Nord/LB, an der die Gesamtheit der deutschen Sparkassen beteiligt ist, dürfte eine Keimzelle bilden für den seit vielen Jahren geforderten, bisher aber nie erreichten Zusammenschluss der Landesbanken in Deutschland. Welchen strategischen Sinn soll der Einstieg des Deutsche Sparkassen- und Giroverbandes in die Nord/LB haben, wenn nicht den, Synergien zu heben und wenigstens mittelfristig parallele Aufgaben mit anderen Landesbanken abzubauen? In zehn oder 20 Jahren könnte im schönen Glaspalast in Hannover nur noch die Filiale einer Landesbank sitzen, deren Geschicke dann von Frankfurt oder Stuttgart aus gesteuert werden. Der edle Charme der Nord/LB, die auf internationalem Parkett mitspielt, war für das Land Niedersachsen immer auch Ausweis einer besonderen Stärke und Leistungskraft. Auch das wird verloren gehen.
Die aktuelle Lösung ist unter mehreren schlechten Lösungen wohl die verträglichste. Mehr nicht.
Womöglich haben Weil und Hilbers das Modell der US-Finanzinvestoren abgelehnt, weil sie die Bank nicht dem US-Einfluss aussetzen wollen – gerade auch, weil Cerberus, Centerbridge und andere auf dem deutschen Bankenmarkt sowieso schon stark vertreten sind. Das ist verständlich. Das jetzt gewählte Modell liefert allerdings auch keinen Hoffnungsschimmer. Falsch ist die Entscheidung dennoch nicht. Wenn die Gespräche über Anteilsverkäufe komplett gescheitert wären, hätten vor allem die anderen Landesbanken und alle deutschen Sparkassen die Nord/LB auffangen müssen, dies wäre für Niedersachsen unterm Strich günstiger geworden, fürwahr. Nur: Der wirtschaftliche Schaden einer solchen „Abwicklung“ wäre vermutlich verheerend gewesen. Deshalb nun diese Lösung. Sie ist unter mehreren schlechten Lösungen wohl die verträglichste. Mehr nicht.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #021.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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