Als sie ihre Termine planten, glaubten Grüne und FDP noch, ganz viel Zeit zu haben. Nun kommt das kommende Wochenende – und plötzlich herrscht höchste Eile. Wenn die beiden kleinen Parteien im Landtag ihre Landeslisten für die Landtagswahl aufstellen, befindet sich Niedersachsen schon im Wahlkampf, da der Wahltermin flugs drei Monate vorgezogen wurde. Das heißt: Es werden in beiden Fällen kämpferische Reden gehalten, und zwar so sehr, dass etwaige parteiinterne Flügelkämpfe davon überschattet werden sollen. Dabei gibt es diese internen Sorgen und Nöte in beiden kleinen Parteien durchaus.

Wir die Grünen wohl in den Wahlkampf führen: Anja Piel – Foto: Grüne Fraktion Nds.

Die niedersächsischen Grünen haben nach dem Austritt der Abgeordneten Elke Twesten durchaus Grund für eine interne und selbstkritische Analyse ihrer Umgangsformen. Doch dazu fehlt die Muße, die Umstände lassen das auch kaum zu. So wird damit gerechnet, dass Twesten beim Parteitag vom Landesvorstand mit einigen scharfen Worten verurteilt wird, ansonsten aber als „Persona non grata“ kein Thema sein wird. Prägend bei der Listenaufstellung dürfte die klare Dominanz des linken Flügels sein, der sich in drei Lager aufteilt – die etablierten Linken wie Jürgen Trittin, aber auch die führenden Landespolitiker Christian Meyer, Anja Piel, Helge Limburg und Meta Janssen-Kucz, daneben die Grüne Jugend, die schon vor der Listenaufstellung 2013 mit starken Kräften agierte und nun ihre frühere Landesvorsitzende Imke Byl (Gifhorn) auf Rang 3 durchsetzen will.

Prägend bei der Listenaufstellung dürfte die klare Dominanz des linken Flügels sein

Die dritte Gruppe unter den Linken sind basisorientierte Mitglieder von Bürgerinitiativen, die als besonders fundamentalistisch gelten. Daneben sind die Realos, die noch in der Landtagsfraktion 2008 bis 2013 die Hälfte der Mitglieder stellten, mittlerweile in der deutlichen Minderheit. Umweltminister Stefan Wenzel, der für Platz zwei antritt, ist der einzige Vertreter unter den ersten zehn. Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic hatte im Vorfeld eine Landtagskandidatur aufgegeben – nachdem sie erkennen musste, keinerlei Chance auf den aussichtsreichen Plätzen zu haben. Gerald Heere aus Braunschweig versucht es auf Position zehn, stößt dabei aber auf zwei beliebte Mitbewerber vom linken Flügel.

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Zwei andere Realos, Thomas Schremmer und Maaret Westphely aus Hannover, versuchen es vermutlich erst auf Plätzen weiter hinten, frühestens ab Rang elf. Zwar hätte vorher vielleicht noch die Neueinsteigerin Eva Viehoff aus Cuxhaven eine Chance – doch das ändert wenig an der klaren Unterlegenheit der Realo-Gruppierung. Das lässt am Ende auch nach der Landtagswahl eine Bewegung der Grünen hin zu CDU oder FDP recht unwahrscheinlich erscheinen.

Personalwechsel bringend leichte Unwucht in die FDP-Führung

Die niedersächsische FDP sitzt gerade ein wenig zwischen Baum und Borke. Die wenigen personellen Wechsel in der Fraktion, die nach der Listenaufstellung am Wochenende sichtbar werden, dürften nur eine geringe Bedeutung für den politischen Kurs der Partei im Land haben. Für die bürgerliche niedersächsische FDP steht ein Bündnis mit der CDU auf dem Koalitionswunschzettel mit Abstand an erster Stelle  – und die aktuellen Ereignisse haben beide Parteien zusammengeschweißt. Es sei „fast schon wieder so wie zwischen 2003 und 2013“, heißt es aus der Partei. Eine Koalition mit der SPD würde so manchem FDP-Politiker großes Kopfzerbrechen bereiten, ein Bündnis mit den Grünen liegt für viele außerhalb der Vorstellungskraft.

Geht voraussichtlich nach Berlin: FDP-Fraktionschef Christian Dürr – Foto: FDP-Fraktion Nds.

Dennoch sorgt allein der geplante Wechsel des Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr in den Bundestag dafür, dass die bisher fein austarierte Führung zwischen dem ausgeglichenen und beherrschten FDP-Parteivorsitzenden Stefan Birkner und dem lebhaften Dürr, der mit einer Rede auch einmal ein Bierzelt-Publikum mitreißen kann, für eine Unwucht in der Partei. Beobachter befürchten, dass die Wahrnehmbarkeit der Partei im Land künftig leiden könnte.

Hinzu kommt, dass gegen die Nummer drei in der Fraktion, den ehemaligen Wirtschaftsminister Jörg Bode, derzeit wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. Welche Rolle er in der Fraktion oder bei einer Regierungsbeteiligung in der FDP spielen könnte, ist damit noch völlig offen – vom Ministerposten bis zum Hinterbänkler ist alles möglich. Bode ist aber in der FDP unbedingt ein Aktivposten, er gilt als unverzichtbar.

Nicht ausgeschlossen ist, dass der frühere FDP-Bundesgeneralsekretär Patrick Döring aus Hannover gerufen wird, wenn es um ein Ministeramt geht

Geht es um künftige Posten in der Fraktion oder vielleicht sogar in einer Regierung, werden die Möglichkeiten in der niedersächsischen FDP schnell begrenzt. Stefan Birkner ist als Fraktionschef gesetzt und könnte auch wieder Minister werden. Käme Bode als Minister nicht in Frage, müsste wohl außerhalb der Fraktion nach einem Kandidaten gesucht werden. Nicht ausgeschlossen ist, dass dann der frühere FDP-Bundesgeneralsekretär Patrick Döring aus Hannover gerufen wird, der als leidenschaftlicher Politiker gilt.

Als Fraktionsvorsitzender käme der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer Christian Grascha in Betracht, Parlamentarischer Geschäftsführer könnte der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling werden, der vor allem über gute rhetorische Fähigkeiten verfügt. Von sich reden machen könnte auch der justizpolitischen Sprecher der Fraktion, Marco Genthe, der mindestens in den Fraktionsvorstand aufrücken könnte. (MB./kw)