24. März 2023 · 
Wirtschaft

„Die Bank wird fokussierter und kleiner“: Nord/LB trennt sich von Altlasten

Es gibt nicht viele Geldinstitute, bei denen sich der Vorstand für immer schrumpfende Vermögensbestände auf die Schulter klopfen darf. Bei der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) laufen die Dinge allerdings etwas anders. „Die Bank wird fokussierter und kleiner. Wir haben uns das Ziel gesetzt, den Ausbau der Kerngeschäfte voranzutreiben“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende Jörg Frischholz die aktuelle Geschäftsentwicklung. Das Konzept geht bislang auf. Während die Bilanzsumme auf 109,3 Milliarden Euro (minus 5 Prozent) sinkt, hat sich der Gewinn fast verdreifacht – auf 89 Millionen Euro. „Es gibt keinen Geschäftsbereich mehr, der nicht ein positives Ergebnis abgeworfen hat“, sagte Frischholz am Freitag in Hannover.

CEO Jörg Frischholz (Mitte) und CFO Olof Seidel (links) stellen die Nord/LB-Bilanz zum Geschäftsfahr 2022 vor. | Foto: Link

Das kriselnde Kapitalmarktgeschäft und auch das stark defizitäre Privat- und Geschäftskundengeschäft sind wieder in der Gewinnzone. Selbst bei den Flugzeugfinanzierungen sind die Zahlen wieder schwarz, auch weil die Nord/LB sich von diesem Betätigungsfeld immer weiter zurückzieht. Bei den Schiffsfinanzierungen, die 2018 wegen fauler Kredite zu einem Rekordverlust in Milliardenhöhe führte, hat die Landesbank ebenfalls ihr Engagement stark heruntergefahren. Laut Nord/LB-Finanzvorstand Olof Seidel stehen nur noch 33 Schiffe und eine Kreditsumme von 300 Millionen Euro in den Büchern. Der Anteil der „notleidenden“ Kredite, bei denen der Schuldner in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten steckt, konnte auf 0,7 Prozent zurückgefahren werden (2021: 0,9 Prozent). „Das zeigt die kontinuierliche Verbesserung des Kreditportfolios unserer Bank“, sagte Seidel.

Doch was genau finanziert die Nord/LB eigentlich? Das sind die drei Kerngeschäftsfelder, auf die sich die Landesbank konzentrieren will:

Zukunftstechnologien

"Die Nord/LB hat sich aufgemacht, stärker als die Bank der Energiewende wahrgenommen zu werden“, sagt Frischholz. 5 Milliarden Euro hat die Landesbank für diverse Infrastrukturprojekte bereitgestellt, 12 Milliarden Euro in den Aufbau der Erneuerbaren Energien. Als sogenannte „Flagship Deals“ des Jahres 2022 stellte der Vorstandschef die CO2-neutralen Straßenbahnen für Rostock, den Windpark Hollenstedt bei Verden und das Projekt „Gemini“ in Nevada (USA) vor – einen Solarpark inklusive Stromspeicher. „Durch den Inflation-Reduction-Act gibt es gerade ein positives Momentum in den USA“, sagte Frischholz.

Ab 2025 sollen 28 neue Straßenbahnen durch Rostock fahren. Rund 90 Millionen Euro der Kosten finanziert ein Konsortium unter Führung der Nord/LB. | Grafik: RSAG

Seinen Charakter als Regionalbank wolle das Geldinstitut deswegen aber nicht verändern. „Die Bank hat ganz klar einen regionalen Schwerpunkt, sie hat aber auch schon immer Auslandsaktivitäten gehabt“, betonte er. 80 Prozent des Geschäfts finde in Europa mit dem Fokus auf Deutschland und Niedersachsen statt, 20 Prozent außerhalb davon – und es sei auch „keine dramatische Verschiebung“ bei diesem Verhältnis geplant. Frischholz freut sich vielmehr auf eine europäische Reaktion auf das US-amerikanische Subventionsprogramm für klimafreundliche Technologien. „Das begrüßen wir außerordentlich, weil das für uns bessere Geschäftsmöglichkeiten bietet als in Nordamerika.“

Transformation

Dass sich die Nord/LB verstärkt auf profitable Geschäftsfelder beschränken will, bedeute nicht, dass man nun alte Kunden einfach im Regen stehen lässt, sobald diese in Schwierigkeiten geraten. Man werde „kein opportunistischer Finanzierer“, sondern ein „verlässlicher Partner“ sein, versicherte Frischholz und sagte: „Die Transformation ist eine große Herausforderung für den Mittelstand, aber auch für uns.“ Als aktuelles Fokusthema nannte der CEO die Unterstützung von Energieversorgern beim Erreichen der ambitionierten Klimaziele. 2022 finanzierte die Nord/LB  beispielsweise die Enercity-Projekte für den Kohleausstieg in Hannover, den Umstieg der Nürnberger U- und S-Bahnen auf Ökostrom sowie die Schwerlastlogistik im Bereich Windkraftanlagen. „Diese Teile müssen teilweise in sehr entlegene Regionen transportiert werden und dafür braucht es Spezialfirmen“, erläuterte Frischholz.



Immobilien

Auf der Weltleitmesse MIPIM in Cannes hat Frischholz kürzlich Eindrücke aus erster Hand zur Lage auf dem Immobilienmarkt gesammelt. „Die Stimmung ist sehr ambivalent, es gibt eine große Orientierungslosigkeit“, schilderte der Nord/LB-Chef. „Der Wohnungsneubau findet de facto im Moment nicht statt“, sagte er. Trotz des „gerade abklingenden Immobilienmarktes“ sieht er aber trotzdem auch Chancen – insbesondere bei Gewerbeimmobilien und der Finanzierung von „Green Buildings“. 17 Milliarden Euro hat der Konzern derzeit in diesem Geschäftsfeld angelegt, das er vor allem über die „Deutsche Hypo“ bespielt. „Das ist eine Marke, die trägt“, sagte Frischholz. Als Leuchtturmprojekte des vergangenen Jahres zählte er den „Wissenscampus W11/W15“ in Stuttgart, den Bürokomplex „Keizersgracht 125-127“ in Amsterdam sowie den „Multi-Business-Hub“ in Polch (Rheinland-Pfalz) auf.

Grünes Büroprojekt in Stuttgart: Der „Wissenscampus W15“ entsteht in Holzhybrid-Bauweise. | Grafik: Wöhr+Bauer
Dieser Artikel erschien am 27.3.2023 in Ausgabe #056.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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