14. Mai 2024 · 
Soziales

Bruch des Kirchenasyls: Flüchtlingsrat und Grüne kritisieren Räumung in Bienenbüttel

Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, beklagt sich über einen Bruch des Kirchenasyls. In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai sei die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl in die Gemeinderäume der Kirchengemeinde Sankt Michaelis in Bienenbüttel (Kreis Uelzen) eingedrungen und habe einen russischen Kriegsdienstverweigerer, seine Frau, den erwachsenen Sohn und eine 16-jährige Tochter aus dem Kirchenasyl herausgeholt.

Die Polizei hat sich mit einem Durchsuchungsbeschluss Zutritt zur Gemeindehauswohnung in Bienenbüttel verschafft, um eine russische Familie abzuschieben. | Foto: Kirchenkreis Uelzen

„Die letzte Kirchenasyl-Räumung fand in Niedersachsen 1998 in Glandorf-Schwege bei Osnabrück statt. Seither verzichteten alle Landesregierungen auf ein gewaltsames Eindringen in Kirchenasyl-Räume. Es brauchte offenkundig eine rot-grüne Landesregierung, um dieses Tabu zu brechen. Zur Durchsetzung der verkündeten ,Abschiebungsoffensive‘ werden die letzten Hemmungen abgelegt“, schreibt Weber. Weder von der SPD noch von den Grünen gebe es offenbar die Bereitschaft, den Umgang mit Kirchenasyl zu einer politischen Grundsatzfrage zu erheben.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Djenabou Diallo-Hartmann erklärte: „Der Fall Bienenbüttel erschüttert uns. Die Mutter der betroffenen russischen Familie ist psychisch schwer erkrankt. Deswegen hätte man in diesem Härtefall erst recht das Kirchenasyl unangetastet lassen sollen. Der Bruch des Kirchenasyls ist ein fatales Signal.“ Die Grünen-Landtagsfraktion sei der Ansicht, dass das Innenministerium den Fall erklären müsse.

Das Innenministerium erklärte bereits im Dezember gegenüber dem Politikjournal Rundblick, dass es kein anerkanntes „Recht auf Kirchenasyl“ gebe, sondern lediglich aus „christlich-humanitärer Tradition heraus“ von der Durchsetzung der Ausreisepflicht in sakralen Räumen beziehungsweise Räumlichkeiten der Religionsgemeinschaften in einzelnen begründeten Härtefällen abgesehen werde.

Dieser Artikel erschien am 15.5.2024 in Ausgabe #088.

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