
Die Deutschlandgeschwindigkeit ist zurück – zumindest in der Südheide. Was mit dem LNG-Terminal in Wilhelmshaven begann, setzt sich nun in Unterlüß (Landkreis Celle) fort: Innerhalb eines Jahres hat der Rüstungskonzern Rheinmetall dort seine bislang größte Munitionsfabrik für Artilleriegeschosse errichtet. Die Anlage, so groß wie zweieinhalb Fußballfelder, ist bereits im Testbetrieb – und soll demnächst mit über 300 Mitarbeitern die reguläre Produktion aufnehmen. „Das ist ein Beispiel dafür, was möglich ist in diesem Land“, sagte Rheinmetall-Vorstand Matthias Koll beim Besuch von Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne (SPD). Gemeinsam mit dem geplanten Raketenmotorenwerk, das 2026 eröffnet werden soll, und anderen Maßnahmen investierte der Konzern mehr als 400 Millionen Euro in den Standort. „Wir sind dann in der Lage, an diesem Standort bis zu 300.000 Artilleriegranaten pro Jahr zu schmieden und zu versenden“, erklärte Koll, Finanzchef von Rheinmetall Waffe und Munition. Die olivgrünen 155-Millimeter-Geschosse sind für die Bundeswehr bestimmt, mit der ein Rahmenvertrag über 8,5 Milliarden Euro besteht. Um darüber hinaus auch Nato-Partner und Verbündete zu beliefern, will Rheinmetall seine konzernweite Produktionskapazität auf 1,7 Millionen Granaten pro Jahr erhöhen – vor Beginn des Ukraine-Kriegs waren es 70.000.

Doch Unterlüß ist nicht nur Granatenstandort, sondern eine der wichtigsten Fertigungs- und Entwicklungsstätten von Rheinmetall. Hier entstehen zentrale Komponenten für den Kampfpanzer Leopard 2 und die Panzerhaubitze 2000 – darunter Waffenanlagen im Kaliber 120 und 155 Millimeter sowie die passende Munition. Parallel entwickelt der Konzern in der Südheide eine neue Generation der Panzerhauptbewaffnung mit 130 Millimeter Durchmesser – ein Technologiesprung, denn bislang gilt die 120-Millimeter-Glattrohrkanone als Nato-Standard. Auch die passende Munition entsteht vor Ort. Seit Sommer 2023 ist in Unterlüß zudem eine neue Mittelkaliberfertigung in Betrieb. Gefertigt werden dort unter anderem 20- bis 50-Millimeter-Systeme, wie sie in Schützenpanzern, Flugabwehrsystemen oder Marinegeschützen verwendet werden. Die neue Linie ergänzt bestehende Kapazitäten in der Schweiz.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der Schützenpanzer Puma, der in Unterlüß nicht nur gefertigt, sondern auch umfassend modernisiert wird. Hinzu kommen Instandhaltungsarbeiten an weiteren Waffensystemen der Bundeswehr sowie die Produktion geschützter Kabinen für militärische Logistikfahrzeuge. Auch an der Entwicklung des neuen Kampfpanzers Panther KF51, der als möglicher Leopard-Nachfolger gilt, war das Werk maßgeblich beteiligt. Der Standort wächst – und benötigt zunehmend Fach- und Arbeitskräfte. „Wir brauchen alles – insbesondere gut ausgebildete Mitarbeiter im Bereich der Metallbearbeitung“, sagte CFO Matthias Koll. Rückenwind kommt dabei aus der kriselnden Autoindustrie: Aus dem Gifhorner Continental-Werk, das bis 2027 schließen soll, sind bereits 60 Beschäftigte in die Südheide gewechselt. „Wir gehen davon aus, dass noch weitere Mitarbeiter aus der Automobilindustrie zu uns kommen werden“, so Koll.

















