Bischof wirbt für digitales Abendmahl
Wie digital kann die Kirche werden? Die Corona-Pandemie zwingt auch die Glaubensgemeinschaften dazu, neue Wege zu gehen. Ralf Meister, Bischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, empfindet die aktuelle Situation bisweilen wie in einer kollektiven Heimatlosigkeit. „Ich glaube, wir befinden uns in einer Zeit des Exils. Die Corona-Krise hat uns vertrieben aus einer gewohnten Welt“, sagte er gestern in seinem Bericht vor der Landessynode, und spielte damit auch auf den biblischen Auszug der Israeliten aus ihrer ägyptischen Gefangenschaft an.
Religiöse Feste seien dabei stets so etwas wie Identitätsmarker für Gläubige gewesen, sagte er im Anschluss vor Journalisten. Deshalb stehe es seiner Ansicht nach außer Frage, dass Weihnachten auch in diesem Jahr gefeiert werde. Von Großveranstaltungen mit tausenden Teilnehmern, die nun vermieden werden sollten, könne in der Landeskirche ohnehin keine Rede sein.

„Ich wünsche mir eine Diskussion darüber, dass das Abendmahl auch anders gefeiert werden kann“, sagt Landesbischof Ralf Meister – Foto: Landeskirche Hannovers
Als wichtigen Punkt der Identitätsbildung für Christen bezeichnete der Landesbischof die Feier des Abendmahls. Da dies in Corona-Zeiten schwierig geworden ist, denkt er sogar offen über eine Digitalisierung des Vorgangs nach. „Ich wünsche mir eine Diskussion darüber, dass das Abendmahl auch anders gefeiert werden kann“, sagte er gestern.
Die Stärke dieses christlichen Rituals liege nicht in der Aufnahme von Christi Leib und Blut in Form von Brot und Wein, sondern vielmehr in der Gemeinschaftsstiftung. Theologisch gebe es da unterschiedliche Auffassung, sagte der Bischof der mitgliederstärksten evangelischen Kirche in Deutschland. Er werbe aber dafür, Wege zu finden, die diese neue Form ermöglichten. Die Corona-Krise habe schließlich gezeigt, dass es auch anders gehe.
Lesen Sie auch:
Landesbischof warnt vor totalitärer Ordnungspolitik
Weihnachten: Kirchen planen Gottesdienste im Stadion
Wenn es nicht gerade ums Abendmahl geht, scheint in Sachen Digitalisierung bereits eine ganze Menge möglich zu sein für die Landeskirche. Für gewöhnlich hätte das Kirchenparlament in dieser Woche im großen Saal des Mutterhauses im hannöverschen Henriettenstift zusammentreten sollen. Stattdessen tagte die Landessynode erstmals komplett digital.
Von Dienstag bis Freitag berieten die Synodalen per Videokonferenz über den nächsten Doppelhaushalt und einen neu beginnenden Zukunftsprozess. Matthias Kannengießer, Präsident der Synode und Richter am Landgericht Hannover, zeigte sich am Donnerstag sehr zufrieden mit der technischen Umsetzung des neuen Formats. Es sei zum Beispiel dennoch möglich gewesen, Anträge ausführlich zu diskutieren, und auch, diese noch spontan zu ändern. Dennoch vermisse er die Kontakte und den Austausch beim Kaffeetrinken, der manchmal der Entspannung diene, oft genug aber auch Absprachen ermögliche.
Rücklagen bleiben unangetastet
Finanziell wird die Landeskirche künftig den Gürtel etwas enger schnallen müssen. Rolf Kraemer, juristischer Vizepräsident des Landeskirchenamtes, sprach von einem erheblichen Minus bei den Kirchensteuereinnahmen. Dank eines ambitionierten Sparhaushaltes sei es aber noch nicht notwendig, die Rücklagen anzutasten. Kraemer betont die Bedeutung der unangetasteten Rücklagen: „Wir werden die noch dringend brachen, wenn in den kommenden Jahren die Babyboomer in Rente gehen. Bis Ende der 20er Jahre werden wir pro Jahr zwei Prozent abbauen müssen.“
Der Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre wird nach aktuellem Plan allerdings 2021 noch ausgeglichen sein und 2022 sogar ein kleines Plus ausweisen. Möglich wird dies, da Investitionen gestreckt und offene Verwaltungsstellen vorläufig nicht neu besetzt werden.
Lesen Sie auch:
Kirchen-Reform: „Wir schaffen die Ortsgemeinde nicht ab“
Zahl der Kirchenaustritte steigt um 16 Prozent
Es wird auch Kürzungen geben, allerdings hält man weiterhin etwa am Klimaschutzplan der Landeskirche fest. Rund 8000 Gebäude befinden sich landesweit im Besitz der Kirche – viele davon müssten noch energetisch saniert werden, erklärte Marie-Luise Brümmer, Vorsitzende des Finanzausschusses der Landessynode. Auch bei den Schulen in kirchlicher Trägerschaft soll nicht gekürzt werden. Investiert werden soll zudem in die digitale Prozessentwicklung.
Man strebe einen Strukturprozess an, der langfristig Handlungsspielräume ermögliche, so Brümmer. Sämtliche Strukturen der verfassten Kirche sollen dabei grundlegend in Frage gestellt werden. Stephanie Springer, Präsidentin des Landeskirchenamtes, betonte im Zusammenhang mit diesem Zukunftsprozess, dass es nicht nur darum gehen dürfe, Papier vollzuschreiben. „Der Prozess hat längt begonnen, er fängt nicht mit einem Paukenschlag an und er wird auch nicht enden.“