16. Nov. 2015 · 
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Am Rande: Angst vor dem Wolf

(rb) Die öffentliche Diskussion um die Rückkehr von Wölfen nach Norddeutschland wird immer erbitterter und emotionaler ausgetragen. Gegner und Befürworter beharren unversöhnlich auf ihren Positionen. Längst hat die mit Vehemenz geführte Debatte die politischen Entscheider in die Bredouille gebracht, ganz besonders im Fall des „Goldenstedter Problemwolfes“, dem inzwischen mehr als 120 Schafrisse unterstellt werden. Während die CDU im Landtag eine „Entnahme“ dieser Wölfin aus der Natur fordert, mithin einen Abschuss unterstützt, setzt der zuständige Umweltminister Stefan Wenzel darauf, die Lebensumstände der Wölfin zunächst genauer zu untersuchen und das Tier mit einem Sender zu versehen. Das Ergebnis dieses Streits ist offen. Den gegen die laxe Haltung des Ministers protestierenden Schafhaltern beschied Wenzel, sie würden ja schließlich für den Verlust ihrer Tiere finanziell entschädigt. Unterdessen feiert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) weiterhin – wie schon seit zehn Jahren – die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland mit einem eigenen Projekt. Es trägt die Überschrift „Willkommen Wolf“. Für eine feste monatliche Spende können Wolfs-Freunde sogar Patenschaften für die Wildtiere übernehmen, wirbt der Nabu um finanzielle Unterstützung. Das Geld dient z.B. dem Schutz von Lebensräumen des Wolfes oder der Vernetzung von Schutzgebieten. „Das ist pervers“, sagt hingegen Willibald Meyer. Der CDU-Politiker ist Bürgermeister der Gemeinde Goldenstedt im Landkreis Vechta. Sein Heimatort macht seit Monaten landesweit Schlagzeilen und sorgt für strittige und hitzige Debatten im hannoverschen Landtag. Nach ihm ist der „Goldenstedter Problemwolf“ benannt, eine Wölfin, die besonders auffällt, weil sie auf der Suche nach Beute sogar hohe Schutzzäune für Schafherden überspringt. Meyer widerspricht der Haltung des Naturschutzbundes. Nicht die Wölfe müssten geschützt werden, sondern die Schafe. Der Bürgermeister empfiehlt dem Umweltminister, die Goldenstedter Wölfin beispielsweise nach Brandenburg in eine bevölkerungsarme Region umzusiedeln. Wölfe gehörten nicht in eine dicht bewohnte Gegend wie Südoldenburg. Wenzels Haltung sei unverantwortlich und schüre Ängste in der Bevölkerung. Der Minister hat Zweifel an der behaupteten hohen Zahl der Schafrisse in der Region Vechta. Gut 40 Prozent gingen nicht auf das Konto von Wölfen, sondern müssten Hunden zugeordnet werden, erklärte Wenzel im Landtag. Der Umweltminister wirbt für eine Versachlichung der Debatte. Der CDU im Landtag wirft er Aufruf zum Rechtsbruch vor, wenn sie öffentlich den Abschuss des Problemwolfes fordere. Der Grünen-Politiker verweist vielmehr auf Erfahrungen aus Sachsen. Dort habe man ein Wolfsrudel in den Griff bekommen, nachdem über dem Elektrozaun Flatterbänder angebracht worden seien. Das habe die Wölfe schließlich daran gehindert, die Schutzzäune zu überspringen. Der niedersächsische Umweltminister setzt sich für den Wolf ein. Wenzel hat wiederholt ein Bekenntnis zur Rückkehr des Wolfs nach Niedersachsen abgelegt. Er will den Widerständen gegen die Ausbreitung des Wildtieres im Land mit einem „Wolfsmanagement“ begegnen, will einen Ausgleich zwischen den Interessen von Artenschutz und Nutztierhaltung hinbekommen, zahlt einen finanziellen Ausgleich, wenn Wölfe mal wieder Schafe reißen. Das regelt die „Richtlinie Wolf“ des Landes Niedersachsen, z.B. durch die Förderung von Schutzzäunen oder andere präventiv wirkende Aktionen von Schafhaltern. Lokale „Wolfsberater“ begleiten die Maßnahmen, die vom „Wolfsbüro“ des Landes koordiniert werden. Dessen Mitarbeiter sollen die Öffentlichkeit aufklären, Behörden beraten, Wolfsvorkommen und -verhalten amtlich bewerten und Schafhalter beim Herdenschutz unterstützen. Der Bürgermeister aus Goldenstedt sieht den Minister aus Hannover mit seiner Politik auf einem völlig falschen Weg. Wölfe, wie sie in der Region rund um Vechta unterwegs seien, dürfe man nicht einfach gewähren lassen. Die Befürchtungen und Ängste in der Bevölkerung seien angesichts der vielen Tierrisse sehr groß. Jetzt sei die Wölfin sogar mitten auf einem Bauernhof gesehen worden. Wenzel müsse handeln, bevor möglicherweise Menschen zu Schaden kämen. Inzwischen seien in Deutschland schon 35 Wolfsrudel unterwegs. Tendenz: steigend. ly
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #211.
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