Die Sir-Greene-Stiftung, die seit gut 20 Jahren von Hannover aus junge Journalisten alljährlich mit Stipendien unterstützt, braucht eine neue Führung. Der bisherige Vorstand unter der Vorsitzenden Michaela Menschel, Leiterin einer PR-Agentur, hat am Montag das Handtuch geworfen. Der Grund dürfte in Dauerkonflikten zwischen der Stiftung und dem Presseclub Hannover liegen. Menschel will sich dazu nicht näher im Detail äußern, sie sagt nur: „Die Versuche des Presseclubs, mehr Kontrolle über die Stiftung zu gewinnen, haben wir abgelehnt. Eine Journalistenstiftung muss unabhängig agieren.“

Was genau vorgefallen ist, wird von den Beteiligten nicht berichtet oder kommentiert. Allerdings darf man annehmen, dass sich die Streitigkeiten nicht erst in jüngster Zeit zugespitzt haben. Schon der Vorgänger-Vorstand der Stiftung, damals noch geführt vom ehemaligen ZDF-Journalisten Hans-Peter Trojek, war vor Ablauf seiner Amtszeit zurückgetreten. Das stand damals, im Mai 2021, im Zusammenhang mit umstrittenen Äußerungen des Presseclub-Vorsitzenden Jürgen Köster. Dieser hatte – offenbar ironisch gemeint – zu einer „Jagd“ auf den hannoverschen Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) aufgerufen. Das war nicht nur als geschmacklos und anmaßend interpretiert worden, sondern zudem als offener Versuch, den Presseclub an die Spitze einer Anti-Onay-Kampagne zu setzen. Mit einer derartigen Parteinahme wollte die Sir-Greene-Stiftung nicht in Verbindung gebracht werden.
„Leider hat die Diskussion über die Entwicklung der Stiftung und das Verhältnis zum Presseclub im vergangenen Jahr zu viel Zeit und Energie geraubt, und es ist uns nicht gelungen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzukommen.“
Michaela Menschel, ehemalige Vorstandsvorsitzende der Sir-Greene-Stiftung
Dem aktuellen Zerwürfnis zwischen Presseclub und Stiftung ging nun erkennbar kein öffentlicher Eklat voraus. Allerdings ist bekannt, dass sich Veränderungen beim Presseclub abzeichnen und dieser auch seine Räumlichkeiten in der Innenstadt von Hannover aufgegeben hat. Der Presseclub stützt sich teilweise auf Sponsoren, die Stiftung kann Spenden einnehmen. Die enge Anbindung der Stiftung an den Presseclub, die sich schon in der Ära Trojek als belastend herausgestellt hatte, ist aktuell einer der Gründe für den Rückzug des Stiftungsvorstandes. In ihrer Erklärung gegenüber dem Kuratoriumsvorsitzenden Valentin Schmidt heißt es: „Leider hat die Diskussion über die Entwicklung der Stiftung und das Verhältnis zum Presseclub im vergangenen Jahr zu viel Zeit und Energie geraubt, und es ist uns nicht gelungen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzukommen.“
Zurückgetreten sind neben Menschel auch Heike Schmidt, Chefredakteurin des Magazins „Nobilis“, der frühere niederländische Botschafter Derk Oldenburg und Annica Bergfeld von der Concordia-Stiftung. Sie hatten in der Vergangenheit versucht, für das Kuratorium der Stiftung mehr Journalisten zu finden – mit nur mäßigem Erfolg. Der Chefredakteur der Neuen Presse, Carsten Bergmann, fand sich bereit, ist aber inzwischen wieder ausgeschieden. Der Ruf des Presseclubs, ein Club vorwiegend älterer Herren mit einer eigenen Agenda zu sein, färbt offenbar auch negativ auf die Sir-Greene-Stiftung ab. Die Kraft, das langsam aber sicher ändern zu wollen, hat der Stiftungsvorstand nun offenbar nicht mehr aufbringen wollen.
Die Krise der Sir-Greene-Stiftung fällt in eine Zeit, in der die Förderung des qualitätsvollen Journalismus nötiger denn je erscheint – und zwar am Standort Hannover unabhängig von den dominanten Medien des Madsack-Konzerns und vom NDR. Hinter den aktuellen Problemen steckt auch das dauerhafte Ärgernis, dass es der Presseclub Hannover in den 30 Jahren seines Wirkens nicht geschafft hat, eine Verbindung zu den landespolitischen Journalisten in Hannover herzustellen – oder diese in seine Arbeit einzubeziehen. Die Querverbindungen zwischen der Landespressekonferenz und dem Presseclub waren jahrelang überschaubar, inzwischen sind sie so gut wie gar nicht mehr vorhanden. Manches spricht dafür, dass eine Erneuerung der Sir-Greene-Stiftung ohne vorherige Neuaufstellung des Presseclubs wohl wenig aussichtsreich sein dürfte.