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Der Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung, die bis dahin vor allem in Süddeutschland (seit 1974 organisierten sich Bürgerinitiativen gegen das geplante Kernkraftwerk Whyl am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg) aktiv wurde, gab Gorleben einen gewaltigen Schub. Die Landesregierung hatte seinerzeit offensichtlich nicht mit so starkem Widerstand der Bevölkerung gerechnet. Am 25. März 1979 startete ein „Treck“ von Bauern aus Lüchow-Dannenberg nach Hannover. Als drei Tage später das Atomunglück im Reaktor Harrisburg in den USA geschah, verstärkte das die Protestbewegung. Am 31. März 1979 nahmen mehr als 100.000 Menschen an der Abschlusskundgebung in Hannover teil, das wird heute als eine „Initialzündung der deutschen Anti-AKW-Bewegung“ bezeichnet. Schon ein Jahr vorher hatte bei der Landtagswahl 1978 die „Grüne Liste Umweltschutz“ – noch konservativ geprägt – mit 3,86 Prozent einen Achtungserfolg erzielt. Mit Gorleben gelang es der Anti-Atom-Bewegung nicht nur, die traditionell konservative Bauernschaft in Lüchow-Dannenberg auf ihre Seite zu ziehen. Einige schwärmen auch von einer neuen Protestkultur. Es sei gelungen, Künstler und Kulturschaffende in das Wendland zu ziehen, die Öko-Landwirtschaft sei geprägt worden – auch eine Form des basisdemokratischen Gemeinschaftsgefühls, das sich von den Entscheidungsträgern in Hannover und Bonn absetzte. Skeptiker beklagen, der ausgesprochen emotional geführte Anti-Atom-Protest habe die extreme Polarisierung zwischen Anhängern und Gegnern der Kernkraft gefördert.