1000 Meter Abstand zu Windrädern? Die Meinungen im Landtag gehen auseinander
Wird Niedersachsen eine Ausnahme zur 1000-Meter-Abstandsregel für Windkraftanlagen beschließen? Seit einigen Monaten sorgt der Vorschlag aus einem Referentenentwurf zum Bundes-Kohleausstiegsgesetz für eine angeheizte Diskussion in der Landespolitik. Die Windkraft-Branche steckt ohnehin in der Krise. Kommt nun noch eine Regelung, die einen Mindestabstand für Windrädern von 1000 Meter bis zur nächsten Wohnbebauung vorsieht, könnte sich diese noch verschärfen. „Die Debatte um die Abstandsregel ist nicht die Ursache dafür, dass die Branche am Boden liegt. Aber jetzt kommt auch noch ein Vorschlag, der sie sicher am Boden halten wird“, sagte gestern Grünen-Umweltpolitikerin Imke Byl im Umweltausschuss des Landtags. Sie wollte deshalb von der Landesregierung wissen, ob diese von der Möglichkeit Gebrauch machen würde, für Niedersachsen eine Ausnahmeregelung zu beschließen. Doch die Vertreterin des Umweltministeriums konnte darauf nur ausweichend antworten: Da zurzeit kein konkreter Vorschlag dazu auf Bundesebene vorliegt, könne jetzt auch noch nicht gesagt werden, wie damit umgegangen werden kann. Der Ausbau der Windenergie sei nicht wegen der Abstandsregel zum Erliegen gekommen, ergänzte der CDU-Umweltpolitiker Martin Bäumer. Ursächlich seien eher Klagen wegen des Artenschutzes oder weil sich Anwohner von den Anlagen bedroht fühlten. Bäumer schlug vor, nun noch einen Monat zu warten, bis sich die Bundesebene zur Regelung äußert, und dann zu schauen, ob eine Ausnahmeregelung dann überhaupt noch notwendig ist.
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Doch die Fraktionen von SPD und CDU sind sich offenbar nicht einig, wie sie mit der Abstandsregel umgehen wollen. Volker Senftleben (SPD) sagte, die regierungstragenden Fraktionen hielten wenig von dem 1000-Meter-Vorschlag. Frank Oesterhelweg (CDU) sieht das hingegen anders. Je nach Windrichtung und Schlagschatten seien 1000 Meter mitunter noch zu wenig, sagte er in der Debatte im Umweltausschuss. Seiner Meinung nach könnten es mal mehr und mal weniger sein, aber grob über den Daumen gepeilt seien 1000 Meter eine gute Richtschnur. „Sie müssen einfach akzeptieren, dass ein Großteil der Bevölkerung das so nicht hinnimmt, wie es bislang gemacht wurde.“ Eine Südwestlage oder die Hauptwindrichtung stünden einfach fest. Dirk Adomat (SPD) entgegnete ihm jedoch, dass das Problem ja gar nicht immer auftrete: Beim Schlagschatten komme es zunächst darauf an, dass die Sonne überhaupt scheint. Dann ändere sich der Stand der Sonne im Verlauf des Tages sowie des Jahres. Und schließlich komme es immer auf das persönliche Empfinden der betroffenen Personen an. Sein Fraktionskollege Senftleben sprach sich deshalb dafür aus, die TA Lärm und die TA Naturschutz abzuwarten. Es sei schließlich zielführender, auf die tatsächliche störende Wirkung zu achten und keine pauschale Abstandsregel zu wählen. Bei einem individuell aufgrund der Lärmbelastung festgelegten Abstand kann es möglich sein, dass die 1000 Meter sogar noch überschritten werden. Das würde aber auch bei einem Mindestabstand noch gelten.
Doch wie kann die Akzeptanz für die Windkraft auch ohne Abstandsregel erhöht werden? Byl von den Grünen schlug vor, die Bürger bei der Planung besser mit einzubeziehen und sie auch finanziell zu beteiligen. Senftleben von der SPD entgegnete, die Windkraft-Projekte scheiterten nicht an zu wenig Bürgerbeteiligung, sondern diese bremse eher. Er forderte transparente Regeln. Dem Vorschlag nach einer finanziellen Beteiligung der Bevölkerung steht auch die Landesregierung offen gegenüber. Eine Abgabe an die betroffene kommune, wie es in Brandenburg praktiziert wird, hält man für ein gutes Modell. Dabei kann sich die Landesregierung wohl auch eine Staffelung nach Größe oder produzierter Kilowattstunde vorstellen. Wichtig sei der Landesregierung aber, dass eine solche Abgabenregelung bundesweit einheitlich getroffen wird, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, sagte eine Mitarbeiterin des Umweltministeriums im Ausschuss.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #032.