Hannover und Osnabrück liefern sich derzeit ein Wettrüsten im Nahverkehr. Beide Städte wollen möglichst bald möglichst viele Busse mit Elektroantrieb durch ihre Straßen rollen lassen. Doch in anderen niedersächsischen Kommunen ist der Elektroantrieb bei Stadtbussen hochumstritten, wie eine Umfrage des Politikjournals Rundblick zeigt. Während etwa Wolfsburg zusammen mit der Volkswagen-Tochter MAN eigene E-Busse entwickelt, setzt Göttingen auf den Mittelweg und kauft zunächst Hybridbusse. Oldenburg, Hildesheim und Celle dagegen halten E-Busse für einen teuren Hype, dem man erst mal nicht folgen sollte. Eine Schlüsselrolle spielt auf beiden Seiten die Förderpolitik. Die, die sich für E-Busse entschieden haben, beklagen eine Unübersichtlichkeit der Fördermöglichkeiten und unnötige Bürokratie. Die Gegner der E-Busse vermissen bisher eine kostendeckendere Förderung, die E-Antriebe nicht nur ideell, sondern auch wirtschaftlich gegenüber Dieselmotoren besserstellen könnte.

Ein System von 60 E-Bussen will Osnabrück in den kommenden Jahren in seinen Nahverkehr integrieren. „Unsere Zielsetzung ist der Betrieb von Bussen, die im stark belasteten Innenstadtbereich und anderen sensiblen Streckenabschnitten emissionsfrei fahren können“, sagt Marco Hörmeyer, Sprecher der Stadtwerke Osnabrück. Denn Osnabrück gehört zu den Städten, in denen nicht nur CO₂ die Luft verschmutzt, sondern auch die Stickoxid-Werte in einigen Straßen die zulässigen Werte übersteigt. Für den Elektroantrieb habe man sich entschieden, weil es die am weitesten entwickelte Fahrzeugtechnologie ohne Abgase und fossile Brennstoffe sei. Hybrid sei zudem nicht infrage gekommen, weil man zwei Antriebssysteme parallel hätte warten müssen, was unnötige Kosten verursacht hätte.

Einzelne Förderprogramme miteinander verzahnen

Insgesamt 11,5 Millionen Euro investieren die Stadtwerke in die Umstellung auf E-Busse. Drei Millionen Euro steuert das Land für den Ankauf der Fahrzeuge bei, auch das Bundesverkehrsministerium hat kürzlich finanzielle Unterstützung zugesagt. Für den Aufbau der Lade-Infrastruktur bekommen die Stadtwerke zudem 600.000 Euro von der N-Bank, die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) fördert den Umbau der Werkstatt und des Betriebshofs. „Nach unserer Auffassung ist es wichtig, die einzelnen Förderprogramme miteinander zu verzahnen, damit sie optimal genutzt werden können“, sagt Hörmeyer. Doch das verursache einen hohen bürokratischen Aufwand. „Die Politik muss prüfen, inwieweit Förderung aus verschiedenen Töpfen gebündelt werden kann, denn momentan kostet die Bearbeitung der verschiedenen Anträge sehr viel Zeit und Personalaufwand.“


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In Wolfsburg fahren schon elf Hybridbusse durch die Straßen, ab 2019 soll er der erste rein elektrisch betriebene Bus folgen. Um nicht sprichwörtlich die Katze im Sack zu kaufen, haben die Stadtwerke Wolfsburg eine „Innovationspartnerschaft“ mit MAN gegründet. „Dadurch haben wir die Möglichkeit, den Entwicklungsprozess intensiv zu begleiten, ohne selbst zu viele Ressourcen binden zu müssen“, sagt Sprecherin Petra Buerke. Denn Elektrobusse in den Betrieb einzugliedern sei noch schwierig, es gebe wenig Anbieter und wenig Erfahrungswerte. Göttingen setzt deshalb zunächst auf Hybridbusse und will erst langfristig die reine E-Mobilität im Busverkehr ansteuern. Etwa sieben Kilometer könne ein Hybridbus elektrisch fahren, das entspreche etwa 70 Prozent der Durchschnittsstrecke, heißt es von Seiten der Göttinger Verkehrsbetriebe (GöVB). Allerdings bräuchten die Busse auf einigen Strecken auch eine längere Laufleistung, weshalb der Dieselmotor noch gebraucht werde. „Momentan läuft die Testphase unserer ersten drei Hybridbusse“, erklärt GöVB-Sprecherin Stephanie Gallinat-Mecke.

Mehr E-Busse für gleiche Strecke

Auch Göttingen hat für die Anschaffung der Busse Fördermittel von der LNVG bekommen, sowie für die Infrastruktur Geld von der N-Bank. „Allerdings ist der Schulungsaufwand für das Personal beträchtlich, dafür und für den Betrieb der Busse müsste es eine unkomplizierte Förderung geben“, sagt Gallinat-Mecke. Zudem brauche man wegen der geringeren Laufleistung für den Betrieb einer Linie mit E-Mobilität mehr E-Busse als wenn die gleiche Strecke mit Dieselbussen gefahren würde. „Die Politik müsste die Förderung für E-Busse also höher ansetzen als für Dieselbusse.“

Eine maximale Reichweite von 150 Kilometern ist im ÖPNV inakzeptabel.

Michael Emschermann, Chef der Verkehrsbetriebe Oldenburg

Das kritisiert auch Michael Emschermann, Chef der Verkehrsbetriebe in Oldenburg. „Eine maximale Reichweite von 150 Kilometern ist im ÖPNV inakzeptabel. Zum Vergleich: Ein Diesel- oder Erdgasbus fährt mit einer Tankfüllung 450 Kilometer.“ Man bräuchte also gut 30 E-Busse, um 20 normale Busse zu ersetzen. „Dazu kommt aber noch, dass ein E-Bus mit 600.000 Euro deutlich teurer ist als ein Dieselbus (etwa 220.000 Euro) oder Erdgasbus (etwa 250.000 Euro)“, sagt Emschermann. Obwohl der E-Bus im Betrieb schon deutlich teurer und in der Produktion nicht gerade umweltfreundlich sei.  Sein Unternehmen setzt deshalb ganz auf Bioerdgas. „Das ist CO₂-neutral und hat sehr wenig Stickoxidausstoß.“

Celler Land wäre ideal für E-Busse

In Celle bleibt man aus Kostengründen bis auf Weiteres bei den herkömmlichen Dieselbussen. „Trotz Förderung sind die Beschaffungskosten viel höher als bei einem normalen Bus, dazu ist auch noch der Betrieb von E-Bussen weniger wirtschaftlich“, sagt Landkreissprecher Tore Harmening. Auch eine entsprechende Infrastruktur müsse erst eingerichtet werden. „Eigentlich wäre das Celler Land ideal für E-Busse, aber bei den zu erwartenden Kosten ist das nicht zu machen“, sagt Harmening. Zumal die Förderung des Landes für den Kauf von E-Bussen zunächst nur bis Ende 2019 gilt.

Kurzfristige Reduzierung am besten mit modernen Dieselbussen

Hildesheim gehört wie Osnabrück zu den Städten, in denen die Stickoxidbelastung eine kritische Marke erreicht hat. Dennoch rüstet die Stadtverkehr Hildesheim GmBH (SVHI) seit 2007 ihre gesamte Busflotte auf Diesel um. „Wir sind der Meinung, dass eine kurzfristige Reduzierung der Stickoxidbelastung am besten mit modernen Dieselbussen der Euro-6-Norm zu erreichen ist. Denn diese sind technisch ausgereift, verfügbar und wirtschaftlich“, sagt Kai Henning Schmidt, Chef der SVHI. Aus seiner Sicht ist E-Mobilität im Nahverkehr trotz Förderung immer noch zu teuer. „Förderfähig sind nur bestimmte Investitionskosten, Betriebskosten gar nicht. Deshalb ist der Aufwand für die Unternehmen trotz Förderung viel höher als im Normalbetrieb“, sagt Schmidt. Sein Unternehmen hat zudem das Problem, dass es eigenwirtschaftlich arbeitet und deshalb gar keine Förderung vom Land bekommen kann. „Das ist bei der Stickoxidthematik wirklich ein Problem.“

Isabel Christian