
Die Clan-Kriminalität in Niedersachsen ist zwar seit 2022 leicht rückläufig, aber mit 3145 Fällen im vergangenen Jahr immer noch auf einem hohen Niveau. Die westliche Region Hannovers, der Kreis Osnabrück, der Kreis Göttingen und die Region um Bremen herum (Rotenburg, Cuxhaven, Verden und Osterholz, Wesermarsch und Friesland) sind 2024 die Schwerpunkte in Niedersachsen gewesen, berichtete Landespolizeipräsident Axel Brockmann am Montag. Innenministerin Daniela Behrens betonte aber, dass es „keinen Hotspot und keine besonderen regionalen Auffälligkeiten“ in diesem Bereich gebe. Die Verteilung könne sich jährlich ändern. Brockmann fügte aber hinzu, dass es natürlich landesweit auch Areale gebe, die seit langem auffällig sind.
Mit Clan-Kriminalität wird das Auftreten von Banden bezeichnet, die Straftaten jeglicher Deliktsart begehen, ein hohes kriminelles Potenzial haben und allgemein die Rechtsordnung nicht akzeptieren. Häufig werde ein „stark überhöhter familiärer Ehrbegriff ausgelebt“, die Gruppen lebten nach ihren eigenen Regeln und würden gegenüber Opfern oder auch staatlichen Stellen provokativ auftreten. „Man kann die Clan-Kriminalität nur wirksam bekämpfen, wenn man sie erkennt, klar benennt und die richtigen Konzepte dagegen stellt“, hob Behrens hervor, begründete das aber nicht näher. Aus Reihen der Grünen, des Koalitionspartners, waren früher teilweise Positionen laut geworden, die diesen Kriminalitätsbereich als solchen in Frage stellen. Behrens hob hervor, die Ermittlungen richteten sich nicht gegen bestimmte Personen oder Familien, sondern gegen kriminelles Agieren. Seit 2018, zu Zeiten der Großen Koalition, entwickelt Niedersachsen ein spezielles Lagebild zur Clan-Kriminalität, auch Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften wurden gebildet. „Besonders beunruhigend“ sind nach den Worten von Behrens die überdurchschnittliche Rohheit und Brutalität der Täter, die wachsende Affinität zum Waffengebrauch und die zunehmenden Versuche, Polizisten und andere Repräsentanten des Staates einzuschüchtern. Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) erklärte, die Justiz verfolge eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegenüber diesen Gruppen. Selbst bei kleinen Ordnungswidrigkeiten oder geringeren Delikten würden Polizei und Staatsanwaltschaft aktiv. „Wir machen deutlich: Das Gewaltmonopol liegt allein beim Staat“, betonte Wahlmann.
Die härteren Delikte sind Diebstähle und Einbrüche, gewalttätige Auseinandersetzungen mit Totschlag und Mord oder auch der Betrug bei illegalen Glücksspielen. Wiederholt nutzen die Behörden die Möglichkeit, das Vermögen zu sichern und einzuziehen. Auf diese Weise wurden 2024 in der Polizeidirektion Lüneburg 2,6 Millionen Euro sichergestellt, in der Polizeidirektion Osnabrück 1,9 Millionen. Insgesamt haben sich diese Vermögenseinziehungen gegenüber 2023 mehr als verdoppelt. „Wir bitten den Bund, die Regeln noch zu verschärfen, damit wir dieses Instrument noch stärker nutzen können“, hob Wahlmann hervor. Behrens betonte, sie wünsche sich von allen Bundesländern ein entschiedenes Vorgehen gegen die Clan-Kriminalität – bisher täten sich neben Niedersachsen hier nur Berlin und Bremen hervor. Brockmann schilderte am Beispiel des Kreises Peine, dass man mit konsequentem Handeln die Clan-Kriminalität auch zurückdrängen kann. Dazu gehörten hartes Eingreifen der Polizei, eine enge Abstimmung zwischen Kommunen und Ordnungsbehörden, regelmäßige Kontrollen und eine spezielle Fortbildung der Sicherheitskräfte.
Nach der Darstellung des Innenministeriums haben 56 Prozent der knapp 3000 Tatverdächtigen die deutsche Staatsangehörigkeit, das sind 1632. 1310 davon seien auch in Deutschland geboren. 1271 Personen sind nicht deutsch, unter ihnen dominieren Täter aus Rumänien, der Türkei und Syrien. 80 Prozent der Verdächtigen sind männlich, der Anteil der Jugendlichen unter 18 liegt bei 16,8 Prozent und steigt. Überdurchschnittlich viele Täter werden mehrfach kriminell.



