Zwei Abteilungen ohne Leitung: Wer verstärkt künftig den Landesrechnungshof?
Der Rechnungshof, oberste Prüfbehörde des Landes, ist seit Monaten geschwächt: Zwei der fünf Abteilungen sind führungslos, nach dem Beginn des Ruhestands von Senatsmitglied Lutz Bardelle vor knapp einem Jahr waren die Gespräche über die Nachbesetzungen ohne Erfolg geblieben. Rechnungshofpräsidentin Sandra von Klaeden und ihr Vizepräsident Thomas Senftleben hatten versucht, im Kontakt mit der Landesregierung geeignete Kandidaten für die Führungspositionen zu finden. Dabei ist es nach Rundblick-Informationen zu Konflikten gekommen – unterschiedliche Vorstellungen prallten aufeinander. Nun will von Klaeden die beiden nach B6 besoldeten Stellen (vergleichbar den Abteilungsleitern in Ministerien) ausschreiben.
Als Prüfbehörde mit rund 200 Mitarbeitern hat der Landesrechnungshof weitgehende Rechte, in die internen Vorgänge der Landesverwaltung Einblick zu nehmen und interne Akten lesen zu können. Im jährlichen Prüfbericht werden Mängel, Probleme und Schwierigkeiten dargestellt, der Rechnungshof kennt dabei auch wenig Zurückhaltung, wenn es um Kritik an der mangelnden Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in den Ministerien geht. Dabei hat die Behörde eine Mittlerrolle aus Ratgeber einerseits und öffentlicher Mahnung andererseits. In den Ausschusssitzungen des Landtags wirken Vertreter des Rechnungshofes regelmäßig mit. Die fünf Abteilungsleiter bilden zugleich mit der Präsidentin den Senat des Rechnungshofs, der über Schwerpunkte der Prüfungen und die Gewichtung der Inhalte berät. Nur drei der fünf sind besetzt – Vizepräsident Senftleben kümmert sich um Verwaltungsmodernisierung und das Justizministerium, Hans-Christian Vollmer um das Innen- und das Agrarministerium, Hermann Palm um das Wissenschafts-, das Kultus- und das Sozialministerium. Verwaist sind die Abteilung 4, deren Arbeitsfeld die Staatskanzlei, das Bundesratsministerium und das Wirtschaftsministerium sind, sowie die Abteilung 5 für das Finanz-, das Sozialministerium und die Bauverwaltung. Mit der Pensionierung von Senatsmitglied Lutz Bardelle im vergangenen September ging dem Rechnungshof ein gewichtiger Akteur verloren, da Bardelle ein leidenschaftlicher und keineswegs scheuer Kontrollbeamter war.
Die Senatsmitglieder werden vom Landtag auf Vorschlag der Präsidentin gewählt. Üblich sind im Vorfeld Verständigungen zwischen der Spitze der Prüfbehörde, der Landesregierung und den Vorsitzenden der Landtagsfraktionen. Bei diesen Kontakten aber kam es zu Verhakungen, die zu einem monatelangen Stillstand führten. So soll von Klaeden einige geeignete Bewerber aus dem Kreis der Landesverwaltung im Blick gehabt haben, die zu den Voraussetzungen des Rechnungshofs – richterliche und politische Unabhängigkeit, Eigeninitiative und Engagement – gut passen würden. Da die beiden aber der SPD und der CDU nahestehen, hätten beide Parteispitzen sie freigeben müssen, was aber nicht geschah. Vielmehr soll von den Spitzen von Sozial- und Christdemokraten das Signal gekommen sein, dass die CDU einen FDP-nahen Bewerber vorschlagen würde, die SPD einen Grünen-nahen. Ins Gespräch kam Susanne Haack, Referatsleiterin in der Steuerabteilung des Finanzministeriums. Sie ist kommunalpolitisch bei den Grünen in Stadthagen aktiv. Auf FDP-Seite hatte sich noch kein Name herauskristallisiert. Die angeblich auch von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und seinem Vize Bernd Althusmann (CDU) gestützte Position, die beiden freien Posten an Bewerber von Grünen und FDP zu vergeben, hatte offenbar auch den Hintergrund, damit das nach der Bildung der Großen Koalition gegebene Versprechen einer „Stärkung der Oppositionsrechte“ einzulösen. Widerspruch soll hier von der Rechnungshofpräsidentin gekommen sein: Wenn SPD und CDU die Möglichkeiten der Landtagsopposition verbessern wollten, dann sollten sie auf direktem Wege deren parlamentarische Rechte erweitern, nicht aber einen Umweg über die Personalpolitik des Rechnungshofs suchen. Die Prüfbehörde sei nämlich kein Gremium der Opposition, sondern eine Behörde, die Kritik aus fachlich qualifizierten Erwägungen fern von Parteipolitik formuliert.
Wenn die beiden Stellen der Senatsmitglieder ausgeschrieben werden, sind Eignung, Befähigung und Leistung am Ende die entscheidenden Kriterien. Spekuliert wird über mehrere leitende Beamte der Landesregierung, die womöglich Interesse an einem Wechsel in den Rechnungshof haben und sich bewerben könnten, so über die Abteilungsleiter Michael Markmann (Kultusministerium), Claudia Schröder (Sozialministerium), Martina Wethkamp (Finanzministerium) oder ihren Vertreter Oliver Vree.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #133.