10. Juni 2016 · Archiv

Zum Tage: Erneut Reformbedarf bei der Klosterkammer?

(rb) Die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen haben für diesen Freitag einen Entschließungsantrag zur Modernisierung der Organisationsstrukturen der Klosterkammer Hannover auf die Tagesordnung des Landtagsplenums gesetzt, der das Zeug dazu hat, nicht nur dessen Präsidenten Hans-Christian Biallas zu verärgern. Auch die 135 Beschäftigten und vor allem das seit Anfang 2013 tätige und hochkarätig besetzte ehrenamtliche Kuratorium wird von der Forderung nach mehr Kontrolle und mehr Steuerung sowie nach einem weiteren hochkarätig besetzen Gremium zwar nicht gerade in eine Identitätskrise gestürzt, aber doch nicht eben begeistert sein. Der Kern des Antrags besteht in der Tat im Wesentlichen in der Aufgabenbeschreibung für ein neu zu schaffendes Gremium mit Beschlusskompetenzen, das strategische Entscheidungen treffen und die Kontrolle der Stiftungsverwaltung übernehmen soll. Das liest sich so, als gäbe es dort bislang keine Kontrolle und als träfe allein der Präsident alle Entscheidungen, wie dies früher einmal tatsächlich der Fall war. Seit dem 1. Januar 2013 ist dort jedoch ein von der damaligen Wissenschaftsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka eingesetztes Kuratorium unter Leitung des früheren Präsidenten im Kirchenamt der EKD, Valentin Schmidt, tätig, das Vorschläge und Empfehlungen über Zuwendungen aus dem Stiftungsvermögen abgibt, soweit diese einen Betrag von 50 000 Euro überschreiten. Zu seinen weiteren Aufgaben zählt es u.a., sich mit den Wirtschaftsplänen und Jahresabschlüssen zu befassen, bevor diese dem zuständigen Wissenschaftsministerium zur Prüfung vorgelegt werden. Das Ministerium selbst ist mit einem Sitz in dem Kuratorium vertreten, ebenso wie das Finanz- und das Landwirtschaftsministerium. Weitere Mitglieder sind der Präsident des Landeskirchenamtes, Burkhard Guntau, Prälat Prof. Dr. Felix Bernard als Vertreter der Katholischen Kirche in Niedersachsen sowie Friedrich von Lenthe von der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft, Landtagspräsident a.D. Jürgen Gansäuer, die Präsidentin des Niedersächsischen Leichtathletikverbandes, Rita Girschikofsky, Wirtschaftsminister a.D. Walter Hirche, Prof. Dr. Hans-Albert Lennartz, Geschäftsführer der Asse AG, und die Äbtissin des Klosters Wienhausen, Renate von Randow. Sie alle, die sich seit nunmehr dreieinhalb ohne jegliche finanzielle Zuwendungen um die Belange und die Mittelvergabe der Klosterkammer kümmern, dürften sich angesichts des Ansinnens der Koalitionsfraktionen fragen, welchen Sinn ihre Arbeit in deren Augen gehabt haben mag. Tatsächlich waren die in dem Antrag aufgeschriebenen Vorschläge für die Beschäftigung eines „mit Beschlusskompetenzen versehenen Steuerungs- und Kontrollgremiums“ auch in den vergangenen Jahren bereits beim Kuratorium der Klosterkammer gut aufgehoben; genannt werden die Formulierung von Handlungskompetenzen, die Grundsätze der Vermögensverwaltung und Zweckerfüllung, die Befassung mit dem Wirtschaftsplan, die Feststellung des Jahresabschlusses, die Bestellung der Abschlussprüfer etc. Die Besetzung, die SPD und Grüne für das Gremium vorschlagen – Landesregierung, Kultur und Zivilgesellschaft sowie die beiden christlichen Kirchen – entspricht zudem exakt der des aktuellen Kuratoriums, wenn man davon absieht, dass nun auch die Landtagsfraktionen Personen dafür benennen sollen und das bislang zehnköpfige Gremium damit um zwei Personen größer wird als bisher. Welchen konkreten weiteren Reformbedarf die Koalitionsfraktionen für die inzwischen fast 200 Jahre alte Einrichtung – als Gründungsdatum gilt der 8. Mai 1818 – ausgemacht haben, der sich mit diesem neuen Kontrollgremium umsetzen ließe, erschließt sich nicht wirklich. Die Rede ist dort von der historischen Zweckbestimmung der von der Kammer verwalteten Stiftung, die „zukunftsgerichtet und ihrer Bedeutung entsprechend zu realisieren“ sei. Die Anpassung an „üblichen Organisationsstrukturen“ dienten „der größeren Transparenz darüber, wie die Klosterkammer das Vermögen der ihr zugeordneten Stiftungen bewirtschaftet und wofür die Erträge der Vermögen verwendet werden“. Zumindest seit Januar 2013, seitdem das Kuratorium und die darin vertretenden Persönlichkeiten aus den „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ ein Auge darauf haben, ist keine öffentliche Kritik mehr über mangelnde Transparenz bei der Mittelvergabe oder gar über Mittelverschwendung bekannt geworden. Aber vielleicht wissen SPD und Grüne darüber ja mehr als die geneigte Öffentlichkeit. az
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #111.
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