So gut sich die Konjunktur auch entwickelt und so positiv sich das auf die Finanzen des Landes Niedersachsen auswirkt, so krass sind doch die Unterschiede zwischen einzelnen Städten und Kreisen. Im neuesten „Kommunalbericht“, den Rechnungshof-Präsidentin Sandra von Klaeden gestern im Innenausschuss des Landtags vorgestellt hat, ist das erneut deutlich geworden. So nannte sie eine positive Entwicklung und eine negative. Angenehm sei, dass sich im Jahr 2016 die Liquiditätskredite der Kommunen, also die zur Finanzierung der laufenden Ausgaben, um 587 Millionen Euro auf 2,3 Milliarden verringert haben.

Zur gleichen Zeit aber ist die Verschuldung für Investitionen bei den Kommunen um 468 Millionen auf 9,7 Milliarden Euro gestiegen. „Das ist zu viel“, sagt von Klaeden und erläutert: „Die Einnahmen des Staates sind derzeit so gut wie nie. Es müsste doch eigentlich genug Geld in der Kasse für Investitionen da sein, so dass man keine neuen Schulden bräuchte.“ In zehn der 13 Flächenländer der Bundesrepublik sind die Investitionskredite der Kommunen im vergangenen Jahr zurückgegangen – Niedersachsen zählt zu den Ländern, in denen das nicht der Fall war.

Kritische Bewertung trotz Landeshilfen

Von Nahem betrachtet werden auch die kommunalen Sorgenkinder sichtbar. Hannover, Braunschweig und Oldenburg etwa stehen gut da. Aber es gibt unter den kreisfreien Städten auch solche, die nach wie vor eine hohe Verschuldung haben – und bei denen Aussichten auf eine baldige Besserung auch nicht vorhanden ist. Das gilt etwa für Cuxhaven, jene Stadt, die neben den geringen Gewerbesteuereinnahmen noch hohe Ausgaben für eine überalterte, auf viele Saison-Urlauber ausgerichtete Infrastruktur bewältigen muss. Aus dem „Zukunftsvertrag“, der besonders verschuldeten Kommunen finanzielle Hilfen des Landes bescherte, erhielt Cuxhaven 190 Millionen Euro. Damit konnte aber nur ein Teil des fast doppelt so hohen Schuldenberges abgetragen werden.

In Salzgitter sieht die Lage auch schlecht aus – unabhängig davon, dass diese Stadt wegen der hohen Flüchtlingsausgaben nun eine Sonderhilfe bekommt. Diese über eine sehr große Fläche auf mehrere Zentren verteilte Stadt leidet stark unter ausbleibenden Gewerbesteuereinnahmen. Das betrifft die Stahlkrise und Salzgitter-Stahl, außerdem VW, MAN und Alstom. Seit 2013 weisen die Einnahmen eher nach unten. Es fehlt Geld im Etat, um den Schuldenberg abzutragen. Die dritte Kommune mit ähnlichen Problemen fällt in der Berichterstattung bisher kaum auf, es handelt sich um Osnabrück, die Stadt mit der vierthöchsten Einwohnerzahl in Niedersachsen. Die Wirtschaftskraft hinkt hinter denen anderer Großstädte weit her, große starke Gewerbesteuerzahler fehlen. Alle drei Städte haben in den vergangenen Jahren Landeshilfen erhalten, aber die Bewertung des Rechnungshofs ist kritisch: „Trotzdem ist eine Gesundung der Finanzen nicht in Sicht.“

Kommunen hoffen auf Entschuldungsprogramm

Die Kritik der Prüfer geht noch weiter. In kommunalen Unternehmen, die im strengen Sinn keine Eigenbetriebe der Städte oder Kreise sind, gleichwohl aber hundertprozentig im kommunalen Besitz, ist die Verschuldung geradezu explodiert – sie hat sich verdreifacht. Ein wirksames Instrument, hier Einhalt zu gebieten, sieht der Rechnungshof bisher nicht – denn die Haushalte dieser Firmen müssen nicht von der Kommunalaufsicht des Landes abgesegnet werden. Der Geschäftsführer des Städtetags, Jan Arning, kommentierte die Hinweise der Rechnungshofpräsidentin mit einer Forderung: „Wir haben schon die Hoffnung, dass die Landesregierung mit uns noch über eine Fortsetzung des Entschuldungsprogramms spricht.“

Der Kommunalbericht des Rechnungshofes listet außerdem noch einige weitere Hinweise und Rügen auf: In mehreren Städten wurde geprüft, wie es um den baulichen Zustand der Gemeindestraßen steht – und dabei stellte man fest, dass die Datenbasis in den Rathäusern außerordentlich mangelhaft ist. Unzureichend seien vielerorts auch die Nahverkehrspläne, die Grundlage für den Ausbau des ÖPNV sein sollen. Bis zu 80 Prozent der Kosten könnten vermieden werden, wenn die Städte die Beleuchtung in den Straßenlaternen konsequent auswechseln und Energiesparlampen einbauen würden. Das unterbleibe leider aber oft.

In zehn Kommunen hat der Rechnungshof geprüft, inwieweit die Depots für Museen ordentlich abgesichert sind – etwa gegen Feuchtigkeit oder Ungeziefer. Hier gebe es „erhebliche Investitionsbedarfe“, und von den 870.000 Ausstellungsgegenständen, die in diesen Archiven lagerten, sei nur rund ein Drittel schon digital erfasst worden. Bei 20 kleinere Kommunen (mit jeweils bis zu 15.000 Einwohnern) wurde nachgeschaut, ob Informationssicherheit und Datenschutz gewährleistet sind – beispielsweise beim Schutz der Räume, in denen Server stehen. In vielen Fällen war das Ergebnis mangelhaft, teilt von Klaeden mit – so hätten etwa Sicherheitsschranken an den Eingängen gefehlt. (kw)