Der Wirtschaft in Niedersachsen geht es mit der digitalen Infrastruktur im Land zu langsam voran. Das wurde bei einer Anhörung in der CDU-Landtagsfraktion in Hannover deutlich. „Es wird zu viel über digitale Transformation geredet und viel zu wenig gemacht“, sagte Susanne Schmitt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen (IHKN).

„Wir stecken viel Zeit in Gesprächsrunden und Papiere und stellen dennoch fest, dass der Weg in die digitale Wirtschaft an vielen Stellen hakt. Allen voran geht es dabei um die lückenhaften digitale Infrastruktur.“ Jedes vierte Unternehmen wäre einer DIHK-Studie bereit mehr zu investieren, wenn die IT-Infrastruktur besser wäre. Neben Glasfasernetzen wird Schmitt zufolge flächendeckende 5G-Abdeckung benötigt. Ohne sie seien mobile Echtzeit-Anwendungen im Verkehr nicht möglich. „Es kann doch nicht sein, dass unsere Unternehmen in diesem Bereich Technologieführer sind und wir diese Technologie nicht anwenden können, weil wir nicht die entsprechende Infrastruktur haben“, so die IHKN-Hauptgeschäftsführerin.

Mit 30 bis 50 Megabit pro Sekunde bis zum Jahr 2019 möchte ich mich nicht zufrieden geben“: Bernd Althusmann bei der Anhörung – Foto: MB.

Derweil sind gerade die Unternehmen in Niedersachsen in Bezug auf die Chancen der Digitalisierung ausgesprochen optimistisch, sagte der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt. „Bei uns im Land sehen 70 Prozent der Unternehmen in der Digitalisierung ausnahmslos Vorteile. Im Bundesgebiet sind es gerade einmal etwas mehr als 50 Prozent.“ In seinem Vortrag warnte Schmidt allerdings vor großen Problemen auf dem Land. „Der ländliche Raum droht auf der Strecken zu bleiben. Die Breitband-Versorgung ist dort alles andere als wettbewerbsfähig.“ Das sei aber nicht das einzige Problem. „Wer baut im Wendland noch eine neue Produktionsstätte?“, fragte Schmidt. „Breitband Fehlanzeige, die nächste Autobahn 120 Kilometer entfernt,  Bahnlinie stillgelegt, Berufsschule bestenfalls modernes Antiquariat und junge Leute sind auch nicht da. Wir müssen aufpassen, dass der ländliche Raum nicht zwischen den Megatrends der neuen Zeit zerrieben wird.“

Auch die neue Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammern Niedersachsen, Hildegard Sander, meinte, die digitale Wertschöpfung müsse dezentral erfolgen – dafür brauche es eine schnelle Internetanbindung im ländlichen Raum. „Ansonsten bekommen wird dort auch gar keine jungen Familien mehr hin“, sagte Sander. „Inzwischen fährt man doch nicht einmal mehr in einen Urlaubsort, in dem es kein schnelles Internet gibt.“

Breitband Fehlanzeige, die nächste Autobahn 120 Kilometer entfernt,  Bahnlinie stillgelegt, Berufsschule bestenfalls modernes Antiquariat und junge Leute sind auch nicht da. Wir müssen aufpassen, dass der ländliche Raum nicht zwischen den Megatrends der neuen Zeit zerrieben wird

CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann kündigte erneut an, bei einem Wahlerfolg den Breitbandausbau mit einer Milliarde Euro an zusätzlichem Landesgeld in der kommenden Legislaturperiode deutlich voranbringen zu wollen. „Mit 30 bis 50 Megabit pro Sekunde bis zum Jahr 2019 möchte ich mich nicht zufrieden geben. Das halte ich für eine schwache Strategie und auch zu langsam für Niedersachsen.“ Niedersachsen müsse bis 2027 das interessanteste Bundesland sein, in das führende Köpfe der Technologiebranche gehen wollten. „Wer die Digitalisierung verschläft, setzt die Zukunft des Landes aufs Spiel. Wenn wir den Anschluss nicht verlieren wollen, müssen wir jetzt ernsthaft klotzen und nicht kleckern. Dazu muss eigenes Landesgeld in die Hand genommen werden.“

Thema der Anhörung waren auch die Probleme bei den Förderprogrammen zum Ausbau der Breitbandversorgung. Der Landkreistag (NLT) hatte am Freitag im Politikjournal Rundblick die aktuellen Regeln als nicht hinnehmbar bezeichnet. NLT-Präsident Bernhard Reuter, Landrat des Kreises Göttingen, sagte, in vielen Fällen verzweifelten die Kommunalpolitiker, weil sich ständig Förderbedingungen änderten und ein großer bürokratischer Aufwand betrieben werden müsse.

Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB), schrieb auf der Facebook-Seite des Rundblicks, anstatt von Beginn an Glasfaser als Universaldienstleistung festzulegen, kämpften sich die Kommunen durch ein Dickicht aus verschiedenen Förderprogrammen von Bund und Land. „Kommunen müssen das Versagen der Telekommunikationsindustrie und des Bundes ausgleichen“, so Trips. Anstatt einer weiteren Förderung auf Kreisebene, die sehr arbeits- und zeitaufwendig sei, fordere der NSGB für Niedersachsen ein zusätzliches Förderprogramm, das es einzelnen Gemeinden flexibel und bürokratiearm ermögliche, Wirtschaftlichkeitslücken beim Glasfaserausbau vor allem im ländlichen Raum zu schließen.

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Althusmann forderte in der Anhörung, die unterschiedlichsten Förderprogramme besser zu koordinieren. „Manche Bundes- und Landesprogramme sind gar nicht kompatibel. Die Verwaltung rauft sich teilweise die Haare, weil sich die Programme gegenseitig ausschließen. Der gesamte digitale Bereich muss besser gebündelt werden“, sagte der CDU-Landesvorsitzende.


Breitbandausbau: Das sagen die Grünen

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel warnt davor, den Breitbandausbau allein den Gemeinden zu überlassen. Auch das Land könne nur schwer gegen eine verfehlte Regulierung auf Bundesebene arbeiten. „So wie es aus gutem Grund Postdienstleistungen bis zum letzten Briefkasten gegeben hat, dürfen wir nicht zulassen, dass unsere Dörfer beim Internet abgehängt werden“, sagte Wenzel.  Die Regulierung auf Bundesebene muss Wenzel zufolge dringend geändert werden. „Jetzt balgen sich alle Versorger davor, die Großstädte zu versorgen. Man könnte auch Abschnitte ausschreiben, zu dem ein Stadtteil und zehn Dörfer gehören.“ Ziel müsste es sein, den dünn- und dichtbesiedelten Bereich mit gleicher Qualität versorgen.

https://soundcloud.com/user-385595761/schneller-breitbandausbau-das-schlagt-stefan-wenzel-vor