Alle Landesbeamten, die sich wegen guter Leistungen Hoffnung auf eine gute Beurteilung und damit die Basis einer baldigen Beförderung machen, müssen sich künftig noch etwas gedulden. Nicht schon im Herbst 2023, wie ursprünglich vorgesehen, sondern erst im Herbst 2024 soll der Stichtag für die nächste Regelbeurteilung sein. Das plant die Landesregierung mit einer aktuellen Änderung der Laufbahnverordnung – und zu einem entsprechenden Kabinettsbeschluss von Ende Juni liegen nun bereits erste zustimmende Äußerungen der Verbände vor.
Der Beamtenbund, der Richterbund und die DGB-Gewerkschaften sind um eine Stellungnahme gebeten worden. Der Grund für die Verschiebung liegt darin, dass die Landesregierung die Rechtsgrundlagen gründlich überarbeiten will. Ausnahmen allerdings soll es für die Polizisten und Finanzbeamten geben, die wie bisher geplant schon im Herbst 2023 mit der Beurteilung an der Reihe sein sollen. Das Bundesgesetz schreibt vor, dass Beamte alle drei Jahre eine „Regelbeurteilung“ bekommen. Außer der Reihe sind dann noch anlassbezogene Beurteilungen fällig, etwa dann, wenn ein Beamter sich für eine neue Position bewirbt.

In den zurückliegenden Monaten und Jahren hat es, wie die Landesregierung jüngst mitteilte, eine Reihe von Urteilen gegeben. So hat etwa das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Kriterien einer Beurteilung nicht von der Verwaltung selbst entwickelt und dort nach Belieben verändert werden dürfen. Vielmehr müssten diese auch gesetzlich festgelegt werden – was in Niedersachsen bislang allerdings nicht der Fall ist. Damit ist wohl eine gründliche und intensive Überarbeitung der Rechtsvorschriften unumgänglich. Fragen und Probleme dürften aus diesem Anlass wieder aktuell werden, die in der Vergangenheit immer schon vorgetragen wurden, sobald es um die Beurteilung von Beamten geht.
Viele davon sind bis heute ungelöst. In der Regel wird der jeweilige Vorgesetzte des Beamten um eine Begutachtung gebeten, ein Zweit-Beurteiler wird dann hinzugezogen. Vor Jahren, als über eine Inflation an guten oder sehr guten Beurteilungen geklagt wurde, ist über ein Quoten-System diskutiert worden. Dies könnte so ausfallen, dass nur rund vier Prozent der Beschäftigten einer Dienststelle die Beurteilung „hervorragend“ bekommen dürfen. Dieses Quotensystem ist allerdings unter Personalfachleuten und Gewerkschaftern stark umstritten. In der Bundeslaufbahnverordnung steht, dass die Quote derer mit der Höchstnote zehn Prozent nicht übersteigen darf – die Quote derer mit der zweithöchsten Note 20 Prozent. Ausnahmen seien zulässig. Das gilt in dieser Form nur für die Bundesbeamten.
Fragwürdig scheint derzeit eine Formulierung in Paragraph 44 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung zu sein. Danach ist zunächst in Absatz 2 vorgesehen, dass der Beamte nach seiner Leistung, seiner Eignung (allgemeine Fähigkeiten) und seiner Befähigung (spezielle Kenntnisse für die dienstliche Aufgabe) beurteilt werden muss. Das nimmt insoweit Bezug auf Artikel 33 des Grundgesetzes. In Absatz 3 des Paragraphen 44 heißt es dann aber einschränkend, die Beurteilung ende mit einem Gesamturteil – und dieses beziehe sich nur auf das Ergebnis der Leistungsbeurteilung. Nun interpretieren einige Juristen die aktuelle Rechtsprechung so, dass eine solche Verkürzung auf die Leistungsbeurteilung womöglich rechtswidrig wäre, da sie andere Aspekte unzulässig ausklammere.
Auf der anderen Seite ist es aber für die Vorgesetzten viel einfacher, sich bei der Beurteilung vor allem auf die Leistungsaspekte zu konzentrieren. Wenn sie ihre Mitarbeiter auch hinsichtlich der Eignung und Befähigung einschätzen sollen, könnte das rasch böses Blut im Arbeitsteam produzieren. Außerdem wird allgemein schon bisher darüber geklagt, dass die Regelbeurteilungen in der Verwaltung einen riesigen Aufwand bedeuten. Der dürfte, wenn die aktuelle Rechtsprechung in die Vorschriften einbezogen werden muss, künftig eher noch größer als kleiner werden.

Noch ein weiterer Punkt dürfte in eine Änderung der Vorschriften aufgenommen werden: Der Wechsel zwischen verschiedenen Laufbahnen im öffentlichen Dienst – etwa zwischen Kommunal- und Landesbehörden oder zwischen Justiz- und allgemeiner Verwaltung – soll erleichtert werden. Bisher bestehen in solchen Situationen noch hohe formelle Hürden. Ein Beurteilungssystem, das sich etwas mehr von den konkreten Tätigkeiten des Beamten löst, könnte für die Wechselbereitschaft förderlich sein. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Grüne im November 2022 dazu bekannt, mit einer „Reform des Laufbahnrechts den Quereinstieg zu erleichtern“. Davon berührt sind dann noch weitere brisante Fragen wie die, ob der Übergang vom Rentensystem in das Beamten-Pensionssystem – und umgekehrt – erleichtert werden kann.