In jedem Sommer, wenn das Kabinett seinen Haushaltsentwurf für das Folgejahr schreibt, werden zwei oder drei Schwerpunkte öffentlichkeitswirksam verbreitet. Im vergangenen Jahr war es die Anhebung aller Lehrergehälter auf A13 und das Startkapital von 100 Millionen Euro für die Landeswohnungsgesellschaft. Und in diesem Jahr? Das sind zunächst 80 neue Medizin-Studienplätze in Oldenburg, Tendenz steigend. Zum zweiten sind da 2460 neue Lehrerstellen „zur Unterstützung der Unterrichtsversorgung“.

Fast 2500 neue Lehrer, fragen manche sich verwundert – und das in einer Zeit, in der von Wirtschaftskrise, Kostendruck und schwindenden Steuereinnahmen die Rede ist? Wie kann das Land das bezahlen? Tatsächlich kann die Botschaft nur ausgesendet werden, weil schon im laufenden Jahr dazu intern erhebliche vorbereitende Schritte geschehen sind – und die basieren auf einer komplizierten Rechnung. Finanzminister Gerald Heere und Kultusministerin Julia Hamburg erläuterten diese in Ansätzen am Montag, zum Abschluss der diesjährigen Haushaltsklausur des Kabinetts.

Gut gelaunt in der Landespressekonferenz (von links): Ulrich Soppe und Gerald Heere aus dem Finanzministerium, Hilke Janssen (LPK-Vorstand), Ministerpräsident Stephan Weil und Kultusministerin Julia Hamburg. | Foto: Wallbaum

Mit diesen Stellen verhält es sich so: Es gibt laut Kultusministerium landesweit rund 68.500 Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen – viele davon nicht auf Vollzeit-Stellen. Bisher war es jahrelang so, dass nicht alle freien Stellen besetzt werden konnten, da nicht ausreichend qualifizierte Bewerber vorhanden waren – vor allem nicht für Schulen in Dörfern, die beispielsweise wegen ihrer abgelegenen Lage wenig begehrt waren. Nun hat sich aber, wie in der Landesregierung bemerkt wird, der Trend gedreht, die Zahl der Absolventen einer Lehramtsausbildung soll gestiegen sein. Auf jeden Fall sei es leichter als noch vor ein paar Jahren, ausgeschriebene Stellen zu besetzen.

Personalabbau im Landesdienst findet keine Fürsprecher

Vor einigen Jahren, noch unter Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), wollte die damalige Große Koalition ein Signal für ihre Sparsamkeit setzen. Es wurden damals die Ansätze für Personal im Haushalt, die nicht ausgegeben wurden, abgeschöpft. Einige Stellen sind regelrecht „gesperrt“ worden. Dazu zählten dann auch Lehrerstellen, die der damalige Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) nicht besetzen konnte. In der neuen rot-grünen Koalition, die seit 2022 regiert, finden derlei Personalabbaupläne im Landesdienst wenige Fürsprecher. Die Sperrung von Stellen im Kultushaushalt blieb aber zunächst bestehen. Diese Stellen sollen auch im Kultusetat selbst nicht mit Geld hinterlegt worden sein – es sind in diesem Jahr wohl rund 1300 Stellen, auf die das zutrifft. Allerdings hatte das Finanzministerium in seinem eigenen Etat für Sonderaktionen, dem „Einzelplan 13“, eine Vorsorge für diese Stellen angelegt. Das war bisher schon der aktuelle Stand.

Gut gelaunt und hoch motiviert treten zahlreiche, frisch ausgebildete Lehrer in Niedersachsen demnächst ihren Schuldienst an. | Foto: GettyImages/JackF

Das heißt: Schon im Landesetat für 2024, der im Dezember 2023 vom Landtag beschlossen wurde und seit einem halben Jahr gilt, war das Geld für die noch gesperrten Lehrerstellen enthalten – und dieser Betrag wird jetzt einfach für 2025 fortgeschrieben. Zu diesen 1300 kommen jetzt noch einmal weitere 1160 bisher gesperrte Lehrerstellen hinzu. Da ein Teil wohl erst zum 1. August 2025 besetzt wird, sind die Mehrkosten überschaubar, sie sollen bei rund 35 Millionen Euro im Jahr 2025 liegen. Nach Berechnungen der Landesregierung kosten die angekündigten 2460 neuen Lehrerstellen jährlich 175 Millionen Euro, im kommenden Jahr wegen des August-Einstellungstermins 125 Millionen Euro. Das ist eine kräftige Mehrausgabe.

Haushaltstrick verschleiert Ausmaß der Entscheidung

Doch dieser Schritt wurde regierungsintern zwischen Staatskanzlei, Finanz- und Kultusministerium seit Monaten schon so gut vorbereitet, dass er den Ministern in der Kabinettsklausur als Plus von nur rund 35 Millionen Euro dargestellt werden konnte. Denn die Masse der Finanzierung kommt ja aus dem Vorsorge-Titel des Finanzministeriums, und über den wird gar nicht mehr groß diskutiert. Auf diese Weise geht nun Kultusministerin Julia Hamburg ein weiteres Mal als Siegerin aus der Haushaltsklausur der Landesregierung hervor. Es ist ihr, nach der A13-Entscheidung bei der Lehrerbesoldung im vergangenen Jahr, wieder einmal gelungen, den größten Batzen der Ausgaben an sich zu ziehen – und das mit einem Haushaltstrick, der das Ausmaß der Entscheidung eher verschleiert.

In Nuancen anders ist es mit dem zweiten Schwerpunkt für den Landesetat des nächsten Jahres, der Verstärkung der Medizin-Studienplätze am Standort Oldenburg, wo die „European Medical School“ (EMS) agiert. Seit Jahren fühlen sich die Oldenburger als „fünftes Rad am Wagen“, da ihr Investitionsbedarf bisher im Etatentwurf der Landesregierung selten von vornherein gewürdigt wurde – sondern immer erst später von den Regierungsfraktionen nachgeschoben werden musste. Diesmal ist es nun anders, zu den 120 Studienplätzen sollen 80 weitere hinzukommen, das kostet 125 Millionen Euro zusätzlich in den nächsten Jahren.

Allerdings ist auch hier der erste Betrag für 2025 relativ bescheiden, er liegt bei nur 17 Millionen Euro. Baukosten für neue Forschungs- und Lehrgebäude sind darin noch nicht enthalten, dafür werden wohl insgesamt noch einmal 142 Millionen Euro nötig werden. Die Forschungsbauten, erklärte der Ministerpräsident, dürften ein Jahr später fertig werden als bisher angepeilt. Ministerpräsident Stephan Weil sagt, er könne sich in den nächsten Jahren „noch eine weitere Steigerung der Medizin-Studienplätze vorstellen“, auch in Hannover und Göttingen.

Quelle: MF

Der Haushaltsplanentwurf der Regierung enthält nun noch weitere wichtige Entscheidungen:

Kein Geld für Landeswohnungsgesellschaft: Der Wunsch von Wirtschaftsminister Olaf Lies, die in diesem Jahr geschaffene Landeswohnungsgesellschaft mit weiteren Kapitalspritzen zu stärken und sie damit am Markt zu etablieren, bleibt ungehört. Die Regierung plant dafür kein zusätzliches Geld ein – die Regierungsfraktionen werden im Herbst hier wohl gefordert sein.

Schulden und globale Kürzungen: Der Umfang des Etats 2025 wächst gegenüber 2024 um 1,6 Milliarden Euro auf 44,2 Milliarden Euro. Die Rechnung geht nur auf, weil es konjunkturbedingte neue Schulden von 406 Millionen Euro gibt – und eine globale Kürzungsauflage für alle Ressorts von 130 Millionen Euro. Aus der allgemeinen Rücklage des Landes werden 173 Millionen Euro entnommen.

Geld für den Hochschulpakt: Die Hochschulen erhalten 117 Millionen Euro als Ausgleich für die Tarifsteigerung – und 35 Millionen Euro wegen der gestiegenen Energiekosten. Damit soll der Hochschulvertrag eingehalten werden.

Digitalisierung der Landesverwaltung: Finanzminister Gerald Heere betonte, die Regierung lege ein Programm von 300 Millionen Euro für die „Digitalisierung der Landesverwaltung“ auf. Der jährliche Betrag soll zwischen 75 und 80 Millionen Euro liegen.

Justiz und Polizei: Die Mittel für die Polizei-Ausrüstung werden verstärkt, 60 zusätzliche Stellen kommen für die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte hinzu.

Conti-Bußgeld für Bauunterhaltung: 50 Millionen Euro sollen 2025 zusätzlich in die Unterhaltung und Sanierung von Landesgebäuden fließen, weitere 50 Millionen dann in Teilschritten bis 2028. Das Geld stammt aus dem Bußgeld, das die Continental-AG wegen der Diesel-Abgasmanipulationen an das Land zahlen muss.

Quelle: MF