Wie kann man gefährliche Personen besser überwachen?
Die Polizei in Niedersachsen überprüft ihre eigenen Abläufe – und insbesondere die Frage, wie gefährliche Personen im politischen Extremismus besser registriert und überwacht werden können. Nach Informationen des Politikjournals Rundblick gibt es im Anschluss an verschiedene interne Hinweise nun Überlegungen, die Zuständigkeit des Landeskriminalamtes (LKA) zu stärken. Bisher sind für die Klärung der Frage, wer im Rechts- und Linksextremismus als möglicher Gewalttäter gelten kann und in eine Kartei übernommen wird, die Staatsschutz-Abteilungen der Polizeidirektionen zuständig. Künftig soll das offenbar nach dem Vorbild des Islamismus geändert werden – die Einstufung der „Gefährder“ im Islamismus obliegt einzig und allein dem LKA selbst, die Aufgabe ist damit zentralisiert worden. Ähnliches könnte demnächst verfügt werden für den Rechts- und den Linksextremismus, heißt es. Offiziell nimmt das Landeskriminalamt dazu nicht Stellung.
Immer wieder hat die Frage, wie groß die rechts- und linksextremistische Gefahr in Niedersachsen tatsächlich ist, die Gremien im Landtag beschäftigt. Hier sind die Aufgaben von Polizei und Verfassungsschutz unterschiedlich, entsprechend kommt es auch immer wieder zu abweichenden Angaben. Der Verfassungsschutz misst das Potenzial von Personen mit extremistischer Einstellung und deren Aktivitäten. Der bei der Polizei angesiedelte Staatsschutz hingegen orientiert sich an den Straftaten, die im extremistischen Milieu verübt werden. Es werden „Gefährder“ eingestuft, das sind Menschen, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie eine Straftat, etwa einen Anschlag, begehen werden. Die nächste Stufe nach den „Gefährdern“ sind „relevante Personen“ – das sind Leute, die in extremistischen Gruppen Anführer sind, denen man Straftaten zutraut und die Straftaten unterstützen. Was den Linksextremismus angeht, der vor den starken Protesten gegen den G20-Gipfel am Wochenende derzeit besondere Aufmerksamkeit erfährt, werden hier Leute hinzugerechnet, die vermutlich Anschläge auf Bahnlinien verüben, Brandsätze auf Autos werfen oder Polizisten attackieren werden.
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Gerade mit Blick auf den Linksextremismus herrscht durchaus Verwirrung über die Frage, wie groß das Personenpotenzial nun ist. Im kürzlich vorgelegten Bericht des Bundes-Verfassungsschutzes ist von bundesweit 8500 Personen die Rede, die als Linksextremisten zur Gewaltbereitschaft neigen. Das Landes-Verfassungsschutzamt nennt für Niedersachsen 650 – das passt durchaus, da der Niedersachsen-Anteil grob geschätzt immer bei rund acht bis zehn Prozent liegt. Das gesamte linksextreme Personenpotenzial wird nun vom Bundesamt auf bundesweit 28.500 Menschen geschätzt, das Landesamt nennt für Niedersachsen aber lediglich 1060 Personen, das wäre eine krasse Abweichung vom erwarteten Wert. Eine Erklärung dafür fehlt bisher. Auf der anderen Seite nennt das Landeskriminalamt für Niedersachsen die Zahl der „relevanten Personen“, also von Linksextremisten mit Neigung oder Unterstützung für Straftaten, auf „eine niedrige zweistellige Personenzahl“, das wären also vielleicht 20 oder 30. Diese Zahl könnte womöglich sogar etwas hoch gegriffen sein, sodass sie womöglich sinken könnte, wenn – wie erwartet – die Zuständigkeit für die Erfassung von den Polizeidirektionen auf das LKA übergeht.
Linksextremistische „Gefährder“, also Personen mit klarer Ausrichtung auf die Planung von Straftaten, gibt es nach Ansicht des LKA in Niedersachsen nicht. 2016 wurden in Niedersachsen 1181 Straftaten im linksextremistischen Milieu begangen, 374 Tatverdächtige sind daraufhin ermittelt worden.