1. März 2023 · 
Umwelt

Wie Bad Bevensen zum Leuchtturm für die Geothermie werden will

So viele Erlaubnisfelder zum Aufsuchen von Erdwärme zu gewerblichen Zwecken wie momentan gab es in Niedersachsen noch nie. An einem Dutzend Standorten überprüft man gerade die geothermischen Voraussetzungen für eine Tiefenbohrung, alleine in diesem Jahr sind mit den Erlaubnisfeldern in der Grafschaft Bentheim, dem Landkreis Uelzen sowie dem Landkreis Schaumburg drei weitere hinzugekommen.

LBEG-Sprecher Eike Bruns | Foto: Audrey-Lynn Struck

Das klingt nach idealen Bedingungen. Aber: „Noch nie war eines dieser Projekte so weit, dass es zu einer wirtschaftlichen Förderung gekommen wäre“, erklärt Eike Bruns (Foto), Pressesprecher des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Das Hauptproblem sei das finanzielle Risiko. Der Erfolg einer geothermischen Bohrung sei nur schwer vorhersehbar. Eine Lösung könnte eine stärkere finanzielle Förderung des Landes sein.

Land fördert Bad Bevensen mit 9 Millionen Euro

Der Samtgemeindebürgermeister von Bevensen-Ebstorf, Martin Feller, spricht sich offen für eine solche Unterstützung aus. „Ich halte es für die gesündeste Förderung, die das Land machen kann, um den richtigen Schritt in Richtung erneuerbare Energien zu gehen“, sagt Feller. Bad Bevensen ist mit dem Erlaubnisfeld Ilmenau I selbst in den seltenen Genuss eines Zuschusses des Landes gekommen. Anders könnte das Projekt auch nicht realisiert werden, betont der Samtgemeindebürgermeister. Die Stadt Bad Bevensen hat eine lange Beziehung zu ihrem Untergrund. Bereits in den 60er Jahren stieß man bei Probebohrungen nach Gas auf heiße Sole, die später den Grundstein für die Therme legen sollte. Seit mehr als 15 Jahren möchte sich die Gemeinde neben der Sole auch die Wärme aus dem Erdreich zu Nutze machen.

„Es ist absehbar, dass immer mehr Unternehmen ihr Interesse zu geothermischen Projekten bekunden. Das kann in den nächsten Jahren noch interessant werden.“

Von 2012 bis 2020 hatte man bereits ein Erlaubnisfeld beantragt, eine damals von der Landesregierung finanzierte Machbarkeitsstudie zeigte schnell: Die Voraussetzungen für Tiefengeothermie in Bad Bevensen sind gut. In einer Tiefe von 3300 Metern erwartet man eine Temperatur von 110 Grad Celsius. Generell sind die geologischen Verhältnisse in Niedersachsen für Geothermie günstig, weiß LBEG-Pressesprecher Bruns zu berichten. Zusätzlich ist dank der Erdgasförderung die Datenlage zu den Bodenverhältnissen in Niedersachsen im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern hoch. Insbesondere die Region rund um Hannover sei interessant für tiefengeothermische Projekte. „Es ist absehbar, dass immer mehr Unternehmen ihr Interesse zu geothermischen Projekten bekunden. Das kann in den nächsten Jahren noch interessant werden“, verspricht Bruns.


Thor Növig spricht mit Rundblick-Redakteurin Audrey-Lynn Struck über Geothermie. Auf das Foto klicken, um sich den Podcast anzuhören. | Foto: Link

Ganz sicher kann man sich bei all den geologischen Voruntersuchungen jedoch nie sein. „Es gibt immer ein Fündigkeitsrisiko“, erklärt der LBEG-Sprecher. Wie die Temperaturen tatsächlich in mehreren tausend Metern Tiefe sind oder wie die Durchlässigkeit des Bodens ist, das ist nur schwer vorhersehbar. Erst eine Probebohrung gibt endgültig Gewissheit – und die kostet. „Da ist man schnell im zweistelligen Millionenbereich. Die Angst vor dem Scheitern ist deshalb bei vielen zu groß“, weiß Bruns. Insbesondere kleinen Antragstellern könnten in den Sand gesetzte Millionen „den Hals brechen“. „Man braucht Leute, die gewillt sind Geld auszugeben, das sie vielleicht nie wieder sehen.“ 

„Wir gründen eine Erneuerbare Energiegesellschaft. Deren Aufgabe ist es Projekte zu initiieren, um eine energieautarke Kurstadt zu werden.“

Das finanzielle Risiko war auch für Bad Bevensen der ausschlaggebende Grund, das Erlaubnisfeld 2020 an das LBEG zurückzugeben. Die Kosten für eine Probebohrung, um Gewissheit zu haben, ob Tiefengeothermie möglich ist und die Wärme aus dem Untergrund für die Energieversorgung genutzt werden kann, würden bei mehr als 10,4 Millionen Euro liegen. „Bei einem jährlichen Haushalt von insgesamt 12 bis 14 Millionen Euro ist das Risiko für eine Stadt wie Bad Bevensen zu groß“, sagt Feller. Erst dank der Förderung des Landes konnte das Erlaubnisfeld erneut beantragt werden, das nun im kommenden Jahr in einer Probebohrung münden soll. Das Land trägt dabei mit 9 Millionen Euro rund 90 Prozent der Kosten. Bei Erfolg des Projektes muss Bad Bevensen den Zuschuss zurückzahlen, wenn die geologischen Bedingungen doch nicht günstig sein sollten nicht. Von diesem Szenario ausgehen möchte Feller aber nicht, die Ambitionen von Bad Bevensen sind groß. „Wir gründen eine Erneuerbare Energiegesellschaft. Deren Aufgabe ist es Projekte zu initiieren, um eine energieautarke Kurstadt zu werden. Geothermie ist dabei ein wichtiger Baustein“, erzählt Feller, der fest damit rechnet: „2026 wollen wir die Wärme haben.“ Drei große Wärmeabnehmer gäbe es auch schon: die Stadt Bad Bevensen mit öffentlichen Gebäuden wie der Therme, der Landkreis Uelzen mit den Schulen und die Klinik. „Der Vorteil ist, dass wir nicht erst noch eine aufwendige Vertriebsstruktur schaffen müssen, weil wir nicht viele einzelne Endabnehmer haben. Wir würden schnell in die Wirtschaftlichkeit gehen.“

Dieser Artikel erschien am 2.3.2023 in Ausgabe #039.
Audrey-Lynn Struck
AutorAudrey-Lynn Struck

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