Justizministerin Kathrin Wahlmann und ihr Staatssekretär Thomas Smollich sind derzeit nicht gerade zu beneiden. In führenden Positionen der Justiz müssen einige Posten neu besetzt werden – aber das kann nicht so schnell geschehen wie sich die Beteiligten das wünschen. Der Grund liegt im traditionellen und erprobten Besetzungsverfahren des öffentlichen Dienstes. Bewerber werden nach Leistung, Befähigung und Eignung ausgewählt – und im Zweifel kann am Ende eines solchen Prozesses der jeweilige Dienstrang den Ausschlag geben. Jede Ausschreibung birgt damit für die Regierung das Risiko, dass nicht der ausgeguckte Kandidat, sondern ein Mitbewerber von außen vor Gericht seine Berufung erzwingt.

Die Liste der leitenden Positionen, für die Nachfolger gefunden werden müssen, ist lang: Es geht um die Stelle des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (OVG), des für politische Fragen wohl wichtigsten Gerichtes im Lande. Bisher war Thomas Smollich der Präsident, doch er ist vergangenen November zum Justiz-Staatssekretär ernannt worden. Offen ist auch die Leitung der Zentralabteilung im Justizministerium, die sich um Personalfragen, Haushaltsfragen und Grundfragen der Organisation kümmert. Traditionell wird diese Position mit jemandem besetzt, der der politischen Spitze des Hauses, also der SPD nahesteht. Die nächste offene Stelle ist die des Leiters der Strafvollzugsabteilung. Schon unter der Vorgängerregierung und Ministerin Barbara Havliza (CDU) war ein Besetzungsverfahren gestartet worden, in dem jedoch die ministeriumsinterne Beurteilung einer Bewerberin vor Gericht nicht stand hielt. Diesen Schaden muss die neue Ministerin nun reparieren – eventuell über eine Neuausschreibung.
Der nächste Posten ist der des Präsidenten des Amtsgerichts Hannover, der schon seit Februar 2022 unbesetzt ist – da damals der bisherige Leiter Götz Wettich sein neues Amt als Präsident des Landgerichts Lüneburg angetreten hat. Nun kommt noch eine Spitzenposition hinzu, für die ein Nachfolger gefunden werden muss: Der bisherige Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig, der dort seit zehn Jahren tätig ist, hat einen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand eingereicht und möchte Ende dieses Jahres aus persönlichen Gründen aus dem Dienst ausscheiden. Auch für ihn muss jetzt ein Nachfolger gefunden werden.
Der gegenwärtige Diskussionsstand zur Neubesetzung, angefüllt von sehr vielen Diskussionen in Richter- und Juristenkreisen, sieht nun so aus: Die Regierung möchte offenbar gern den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Hannover, Ingo Behrens, zum OVG-Präsidenten berufen. Nun hat sich aber der frühere Staatssekretär Frank-Thomas Hett beworben, der das höhere Statusamt und damit die besseren Chancen im möglichen Konkurrentenstreit mitbringt. Eigentlich wollte die Regierung Hett gar nicht zulassen, da er als Staatssekretär schon im Ruhestand war. Vor dem Verwaltungsgericht Hannover hat Hett dagegen aber mit Erfolg geklagt. Wie geht es jetzt weiter? Denkbar wäre, dass die Regierung nicht Hetts B9-Besoldung als Staatssekretär als Grundlage der Beurteilung nimmt und auch nicht seine vorherige B6-Besoldung als Abteilungsleiter, da er dieses Amt nur in einer Probezeit ausübte, sondern seine vorherige Einstufung – also B3. In einem solchen Fall hätte Behrens einen vergleichsweise höheren Status und würde in einer Konkurrentenklage gewinnen. Wie auch immer - schon wegen dieses Rechtsstreits zieht sich die Neubesetzung beim OVG hin.

Beim Amtsgericht Hannover war damit gerechnet worden, dass das Kabinett gleich nach Ostern die Präsidentin des Amtsgerichts Osnabrück beruft, Christiane Hölscher. Der Sinn wäre gewesen, dass Hölscher dann nicht mehr in Frage käme für die Leitung der Zentralabteilung im Ministerium, für die sie sich auch beworben hatte. Aber Hölscher ist noch nicht berufen worden. Liegt es daran, dass Sebastian Böhrs (SPD), bisher Chef der Zentralabteilung im Kultusministerium, eigentlich an die Spitze des Amtsgerichts Hannover möchte? Da Böhrs in der Justiz selbst bisher noch keine größere Einheit geführt hat, hat die Richter-Vertretung Böhrs abgelehnt. Angeblich aber will Böhrs sich damit nicht so einfach abfinden, heißt es. Auch hier zieht sich die Neubesetzung in die Länge.
Die nächste Baustelle ist die Zentralabteilung im Ministerium: Favorit der Ministeriumsspitze ist Oliver Sporré, Direktor des Amtsgerichts Bersenbrück. Da Hölscher aber bisher noch seine Mitbewerberin ist und im Zweifel die bessere Ausgangsposition hätte, müsste erst Hölschers Zukunft geklärt sein, bevor man Sporré benennen kann. Dass die Regierung nun zum Jahreswechsel noch einen neuen Generalstaatsanwalt für Celle benennen muss, macht die Sache komplizierter – schafft aber vielleicht auch mehr Spielraum im Kandidaten-Karussell. Viele halten Katrin Ballnus für die beste Wahl, die Leiterin der Staatsanwaltschaft Hannover. Andere mutmaßen, auch Jörg Fröhlich könnte unter Umständen seinen Hut in den Ring werfen, der Hamburger Generalstaatsanwalt mit besten Verbindungen nach Hannover. Fröhlich gilt jedoch als meinungsstark und umstritten. Wenn man ihn verhindern wollte, müsste man die Ausschreibung nur auf niedersächsische Bewerber beschränken.