9. Dez. 2025 · 
TagesKolumne

Wer berät eigentlich Falko Mohrs?

Keine einfache Entscheidung: Niedersachsens Wissenschaftsminister wird als Spitzenkandidat für die Oberbürgermeisterwahl gehandelt. Gefragt zu sein, kann aber auch belasten.

Ein guter Politiker braucht ein „feines Näschen“, wie man sagt – also das Gespür für drohende Gefahr. Man bekommt derzeit den Eindruck, dass Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs gerade nicht darüber verfügt. Sonst würde er es sicher nicht zulassen, dass nun schon seit Wochen über seine mögliche Bewerbung als Oberbürgermeister in Wolfsburg spekuliert wird. Einen Schaden hat er dadurch bereits erlitten.

Mohrs kann doch gar nicht anders, als irgendwann seinen Verzicht auf eine solche Kandidatur zu erklären. Dann wird es heißen: „Da hat er aber sehr lange für gebraucht, um das zu entscheiden“, und schon wird man mutmaßen, sein derzeitiges Amt als Minister fülle ihn offenbar – allen gegenteiligen Bekundungen seinerseits zum Trotz – nicht richtig aus. Mohrs könnte lächelnd über solchen Spott hinwegsehen, wenn sein Ressort geordnet wäre und die Erfolge nur so hereinpurzeln würden. Aber es ist eben anders. Drei Hochschulpräsidenten mussten gehen, die hochgelobte Uni-Präsidentin in Osnabrück sucht zudem das Weite, das Hochschulgesetz lässt immer noch auf sich warten und die Neuordnung der Landeszentrale für politische Bildung auch. Die offenen Baustellen häufen sich inzwischen.

Wolfsburg von oben - ein Ort, der für einen Minister reizvoller wäre als die Arbeit in der Landesregierung? | Foto: GettyImages/Eduard Stebner

Vielleicht liegt sein Zögern auch nur daran, dass die Parteifreunde in der Heimatstadt sehr hohe Erwartungen an ihn haben – oder besser gesagt: dass diese ihren eigenen Vorteil im Blick haben. Das Bundestagsmandat ging für Wolfsburgs SPD jüngst verloren, das schmerzt. Also braucht der Unterbezirk ein Zugpferd im Kommunalwahlkampf, das für eine möglichst starke Stadtratsfraktion sorgt. Was wäre besser als ein OB-Kandidat Mohrs, dessen Name auch deshalb einen guten Klang hat, weil sein Vater Klaus Mohrs der Vorgänger des derzeitigen OB Dennis Weilmann (CDU) ist und sehr beliebt war. „Du bist der beste, das musst Du für uns machen“, mögen ihm die Genossen gesagt haben. Aber wie wäre das in der Praxis? Sobald Falko Mohrs OB-Kandidat wäre, käme er von zwei Seiten unter Druck. In Wolfsburg würde man erwarten, dass er viel öfter in der Stadt auftritt. In Hannover würde man klagen, er sei offenbar schon gedanklich im Wolfsburger Rathaus und vernachlässige damit seine eigentliche Arbeit in der Landesregierung. „Was wollen Sie denn nun eigentlich – ein guter Minister sein oder der nächste OB von Wolfsburg?“ würde die Opposition fragen. Womöglich in jeder Landtagswoche erneut. Um das zu verhindern, bliebe für Falko Mohrs nur der Ausweg, mit der Bekanntgabe der Kandidatur sofort seinen Rücktritt als Minister zu verkünden.



Das wäre aber, genauer betrachtet, eben auch keine vertretbare Lösung. 2022 hat Mohrs sein Bundestagsmandat aufgegeben, ein Landtagsmandat hat er nicht. Würde er als Minister zurücktreten, bliebe ihm – im Unterschied zu vielen anderen – nicht mal eine parlamentarische Absicherung. Er müsste dann also die OB-Wahl zwingend gewinnen – und das gegen einen Amtsinhaber Weilmann, der in der Stadt beliebt ist und im Kreis der christdemokratischen Oberbürgermeister als Schwergewicht gilt. Diese Perspektive zeigt das ganze Ausmaß dieses politischen Drahtseilaktes um die mögliche OB-Kandidatur.

Ist Gegenstand von Spekulationen: Minister Falko Mohrs. | Foto: Moritz Küstner

Wie auch immer: Jeden Tag, den Mohrs länger mit der Absage seiner Kandidatur wartet, zahlt sich negativ für ihn aus. Da wäre er gut beraten, endlich einen Schlussstrich zu ziehen und zu sagen: „Ich stehe nicht als Oberbürgermeisterkandidat der Wolfsburger SPD zur Verfügung.“ Die Genossen müssten es schlucken – übrigens nicht für zum Wohle von Mohrs, sondern auch zur Stärkung der Stabilität der Landesregierung. Olaf Lies braucht eine Ministerrunde, in der niemand mit dem Gedanken an eine Abwanderung spielt und sich alle kräftig auf ihre Aufgaben konzentrieren. Verstärkt sich der Eindruck, dass einzelne von Bord gehen könnten, so nimmt auch der Ministerpräsident selbst Schaden.

Der Rundblick von heute befasst sich nicht näher mit Falko Mohrs' Zukunft, sondern mit diesen Themen:

  • Tipps von Thomas de Maiziere: Der frühere Bundesminister Thomas de Maiziere hat der Niedersachsen-CDU Vorschläge unterbreitet, wie eine "Staatsreform" aussehen könnte. Die CDU bereitet das Thema für die Landtagswahl vor.


  • Hinweise von Natan Sznaider: Der amerikanische Soziologe hat seine Sichtweise auf den wachsenden Antisemitismus - auch von links - in Hannover erläutert.


  • Vor der Verfassungsänderung: SPD, CDU und Grüne wollen nächste Woche im Landtag die Verfassung ändern. Im Kommentar wird erläutert, warum dies eine große politische Dummheit sein könnte.


  • Personalien: Christian Meyer, Alexander Becker, Harry Neumann und Frauke Patzke.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche - und der Wolfsburger SPD Weisheit bei ihren Personalentscheidungen.

Klaus Wallbaum

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #219.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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