7. Okt. 2020 · 
Soziales

Was die Kirchen an der geplanten Corona-Verordnung stört

Aus den Reihen der Kirchen wird Unmut über die absehbare Neufassung der Corona-Verordnung laut, die Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) heute im Landtag vorstellen will. So findet sich in der bis Dienstagnachmittag im Landesparlament kursierenden Fassung kein Hinweis auf die Möglichkeit spezieller Weihnachtsgottesdienste, für die vor allem die Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen vehement geworben hatte. Der Plan war, die Menschen zu besonderen Gottesdiensten auf Marktplätzen oder in Fußballstadien zusammenzubringen. Der Platz in den Kirchen reicht deshalb nicht aus, weil zwischen den einzelnen Sitzplätzen wegen der Corona-Pandemie ein großer Abstand gewahrt werden muss – in der Adventszeit und am Heiligen Abend aber der Andrang zu den Gottesdiensten viel größer als sonst sein dürfte. [caption id="attachment_40256" align="alignnone" width="780"] Gut besuchte Weihnachtsgottesdienste dürften in diesem Jahr nur schwer möglich sein - die Kirchen würden deshalb gerne alternative Gottesdienste anbieten - Foto: Gordana Sermek[/caption] So hatten die Kirchen gehofft, in der Neufassung der Verordnung mit ihrem Wunsch Berücksichtigung und auch eine ausdrückliche Erwähnung zu finden. Das ist aber anscheinend nicht der Fall. Denn die Version der Verordnung, die am Dienstag im Landtag unter der Hand verteilt wurde, enthält zwar in Paragraph 8 eine Vorschrift für Veranstaltungen „mit zeitweise stehendem Publikum“. Erwähnt werden in diesem Abschnitt dann Messen und Fachkongresse. Diese können demnach erlaubt werden, wenn der Veranstalter einen Antrag genehmigen lässt und ein Hygienekonzept sicherstellt.
Wir sind doch sehr irritiert darüber, was angeblich in der neuen Verordnung stehen soll.
Dass auch die Gottesdienste der Kirchen hierunter fallen sollen, wird in Kirchenkreisen für „schwer vorstellbar“ gehalten. Denn es sei nicht hinnehmbar, dass ein Gottesdienst unter dem Vorbehalt einer staatlichen Genehmigung stehen soll. Die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit lasse diese Vorgabe nicht zu. „Wir sind doch sehr irritiert darüber, was angeblich in der neuen Verordnung stehen soll. Wir hatten darauf gehofft, ein klares Signal für die Möglichkeit von Outdoor-Gottesdiensten zu erhalten“, sagt Oberlandeskirchenrätin Andrea Radtke, Vertreterin der Konföderation der evangelischen Kirchen, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Leider aber tauchten nach bisherigen Informationen die Kirchen in der neuen Verordnung mit keinem Wort explizit auf. Nun befürchte man, dass es vor der Bekanntgabe der neuen Verordnung am heutigen Mittwoch fast zu spät sei, die Wünsche der Kirchen dort noch zu verankern.
Lesen Sie auch:  Gäfgen-Track im Interview: „Die Kirche muss raus in die Welt!“
Auch das Verfahren vor dem Erlass der neuen Verordnung hat Verärgerung in Kirchenkreisen ausgelöst. So hatte die Konföderation ihr Anliegen bereits am 12. September an den Leiter des Krisenstabes geschickt, nach Auskunft von Radtke aber darauf keine Antwort erhalten. Landesbischof Ralf Meister habe dann zehn Tage später bei einem regelmäßigen Treffen von Kirchenvertretern und Landesregierung an den Wunsch erinnert und darauf hingewiesen, dass in der Vorweihnachtszeit der Platz in den Kirchen wegen der Vorgaben für die Mindestabstände nicht mehr ausreicht. Was Veranstaltungen im Freien angeht, gibt es bisher eine Erlaubnis nur mit Sitzplätzen – oder die Ausnahmebestimmung für „zeitweises Stehen“. Aus Kirchenkreisen heißt es aber, der Aufwand für einen Gottesdienst im Freien, bei dem auch noch eine ausreichende Bestuhlung gesichert sein soll, sei einfach zu groß. Gern würden die Kirchen auch Fußballstadien für Weihnachtsgottesdienste nutzen, für die Nutzung dieser größeren Orte ist nach der Versammlungsstättenverordnung aber eine besondere Genehmigung nötig, die Zeit braucht. Die Kirchen werben deshalb für ein „vereinfachtes Genehmigungsverfahren“ in diesem Punkt. Aber auch hier hat es laut Radtke bisher noch keine Reaktion der Landesregierung gegeben. Derweil wird die Zeit knapp, denn in zwei Monaten ist die Adventszeit schon in vollem Gange, und für die Planung eines größeren Weihnachtsgottesdienstes benötigen die Gemeinden eine längere Vorbereitungszeit.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #177.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail
Alle aktuellen MeldungenAktuelle Beiträge
Souvenir mit symbolischer Bedeutung: Mini-Boxhandschuh mit dem Pfau, dem Zeichen der Ezîden | Foto: Beelte-Altwig
Ezîden entwickeln Lehrmaterial, wollen aber keinen eigenen Religionsunterricht
26. Mai 2025 · Anne Beelte-Altwig3min
Foto: Nikada/Iryna Minhirova via Getty Images
Dossiers
Papierkram für die Tonne? Rundblick-Serie zum Bürokratieabbau
27. Mai 2025 · Redaktion1min
Lieber Hamburg, Bremen und Berlin - und nicht Göttingen. - Foto: BildPix.de
Göttinger Uni-Präsident bekennt seine Ratlosigkeit zum Zustand der Hochschule
27. Mai 2025 · Klaus Wallbaum3min