Mathias Middelberg, Osnabrücker CDU-Bundestagsabgeordneter, Rechtsanwalt und Biograph des ehemaligen Osnabrücker NS-Funktionärs Hans Calmeyer, liefert sich gegenwärtig eine rechtsphilosophische Auseinandersetzung mit dem Strafrecht-Fachanwalt Thomas Klein, der auch für die Grünen im Stadtrat sitzt. Es geht um die Bewertung der Rolle Calmeyers, der als Mitarbeiter der NS-Verwaltung unter anderem in den Niederlanden etwa 3000 bis 5000 Juden das Leben gerettet haben soll. Calmeyer hatte die die Aufgabe, die jüdische Abstammung von Niederländern zu bescheinigen oder eben zu verneinen. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem in Israel hat ihn daher in die Liste der „Gerechten unter den Völkern“ aufgenommen. Gegenwärtig wird nun in Osnabrück diskutiert, ob ein Museum den Namen „Hans-Calmeyer-Haus“ tragen soll.
Der Grünen-Ratsherr Klein, ein Strafverteidiger, meinte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, Calmeyer habe sich wahrscheinlich „der x-fachen Beihilfe zum Mord“ schuldig gemacht. Middelberg widerspricht. Calmeyers Entscheidung in Fällen, eine jüdische Abstammung zu verneinen oder eben nicht zu verneinen, habe keinen entscheidenden Einfluss auf die Todeslisten der Nazis gehabt. Er habe nur die Möglichkeit gehabt und genutzt, einige Menschen mit Hinweis auf nicht-jüdische Herkunft von diesen Listen zu streichen. Ein „fördernder Tatbeitrag“ sei ihm also nicht vorzuwerfen. Er habe nicht allen Menschen auf den Listen helfen können, da sonst sein Plan, die Juden vor der Tötung zu bewahren, aufgeflogen wäre. Calmeyer habe sich also in einem „Notstand“ befunden. Frank Henning, SPD-Landtagsabgeordneter und SPD-Fraktionschef im Rat von Osnabrück, forderte eine Konzentration auf die Inhalte eines Museums, das sich mit der damaligen Zeit beschäftigt – dies könne ein Lernort werden. Die Namensgebung des Gebäudes sei nicht vorrangig.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #100.