Schießen Bund und Länder bei der geplanten Verschärfung des Waffenrechtes „über das Ziel hinaus“? Diese Haltung vertritt der Deutsche Schützenbund in einer aktuellen Stellungnahme. Auch der Präsident des Niedersächsischen Sportschützenverbandes, Axel Rott aus Verden, erklärt gegenüber dem Politikjournal Rundblick: „Es droht für uns mehr Bürokratie und ein höherer Kostenaufwand. Das muss nicht sein. Hier bestimmt offenbar die Ministerialverwaltung und nimmt der Politik das Heft des Handelns aus der Hand.“

Die eigentliche Gefahr gehe nicht von Sportschützen aus, sondern vom wachsenden illegalen Waffenhandel im Internet, heißt es beim Sportschützenverband – Foto: rlat

Hintergrund ist die geplante Novelle des Waffengesetzes, über deren Details derzeit zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesrat gerungen wird: All jene, die Waffen besitzen, sollen strenger kontrolliert werden und mehr Auflagen erfüllen. Dazu zwingt schon die „EU-Feuerwaffenrichtlinie“, die von der Bundesrepublik – nach einer gewährten Fristverlängerung – bis spätestens Jahresende umgesetzt werden soll. Der Schützenbund wirft Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nun aber vor, er nutze das antisemitische Attentat in Halle „als Vorwand“ für eine unangemessene Rechtsverschärfung. Damit breche er die ursprüngliche Zusage, die EU-Richtlinie nur einfach in nationales Recht zu übertragen.

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Seehofer gehe über die Brüsseler Vorgaben hinaus und wolle „die Sportschützen weiter schikanieren“. So drastisch drücken es die niedersächsischen Sportschützen nicht aus, aber auch Vizepräsident Bernd-Peter Ahlborn aus Göttingen sagt: „Wir müssen immer auch bedenken, dass sich jemand Waffen auf dem Schwarzmarkt besorgen kann. Da nützt dann auch keine Regulierung.“

Es droht für uns mehr Bürokratie und ein höherer Kostenaufwand. Das muss nicht sein.

Im Landtag war das Waffenrecht am Donnerstag Thema. Die Grünen hatten das Thema auf die Tageordnung gesetzt, allerdings nur mit Bezug zum Terrorismus und zu der Forderung, Menschen mit ablehnendem Verhältnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung keinen Waffenbesitz zu erlauben. Schon Ende 2012 hatte die damalige CDU/FDP-geführte Landesregierung gefordert, dass die kommunalen Waffenbehörden bei der Zuverlässigkeitsprüfung für Waffenbesitzer auch eine Anfrage an den Verfassungsschutz richten muss. Vorschrift ist das bislang nicht.

Wie Innenminister Boris Pistorius (SPD) gestern im Landtag sagte, ist die Initiative 2018 noch einmal erneuert worden, es habe sogar eine Mehrheit im Bundesrat gegeben. Erst vergangenen Freitag aber habe Seehofer angekündigt, diesen Schritt auch in das Gesetz zu schreiben. Pistorius will noch weiter gehen und erreichen, dass schon die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation Grund genug sein soll, den Waffenbesitz zu verweigern. Uwe Schünemann (CDU), Deniz Kurku (SPD), Helge Limburg (Grüne) und Marco Genthe (FDP) stimmten zu. In unterschiedlichen Nuancen erklärten sie: „Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten.“

Sportschützen erbost über komplizierte Nachweispflichten

Wie Rott und Ahlborn vom Niedersächsischen Sportschützenverband versichern, hat ihre Organisation, die landesweit 165.000 Sportschützen vertritt, nichts gegen die Überprüfung der Verfassungstreue von Menschen, die Waffen kaufen wollen oder besitzen. Es sei aber schon so, dass die eigentliche Gefahr nicht von Sportschützen ausgehe, die ihre Waffen unsachgemäß lagern, sondern vom wachsenden illegalen Waffenhandel im Internet. Der Täter in Halle hatte sich seine Waffe in Hartplastik-Teilen auf einem 3D-Drucker „ausgedruckt“ und zusammengesetzt, er benötigte also nicht einmal einen Zwischenhändler.

Was die Sportschützen allerdings erbost, sind die übrigen Pläne bei der geplanten Realisierung der EU-Richtlinie. So ist geplant, dass der Erwerb einer Waffe an mindestens 18 Schießtermine im Jahr gekoppelt wird – als Nachweis dafür, dass der Sportschütze noch im Schießsport aktiv ist. Rott sagt: „Das gilt für jede neue Waffe. Manche haben mehrere Waffen. Für jede einzelne sollen sie dann 18 Schießtermine nachweisen – dann müssten manche ja jeden Tag trainieren, um das zu erreichen.“ Magazine mit mehr als 10 Schuss für Gewehre und 20 Schuss für Pistolen und Revolver sollen verboten werden, nicht etwa nur „erlaubnispflichtig“ sein. Außerdem sollen die Sportschützen die Herkunft der Magazine nachweisen. „Das ist schlicht unmöglich“, meint Rott.

Gemeinden können „Waffenverbotszonen“ einrichten 

Bei den „Bedürfnisvoraussetzungen“ geht es darum, ob alle drei Jahre der Sportschütze neu geprüft werden soll – oder ob nach zehn Jahren diese Überprüfung entfallen kann. Auch die Armbrust soll als Waffe gekennzeichnet werden, außerdem sieht das Gesetz vor, dass Gemeinden „Waffenverbotszonen“ einrichten können.

Ein wenige Tage alter Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion geht noch weiter, darin wird gefordert, dass jeder, der einen Waffenschein haben will, persönlich in der Behörde vorsprechen soll, dass Waffenschränke und Munitionslager auch in Privatwohnungen regelmäßig überprüft werden sollen und dass Waffen, die leicht zu vollautomatischen Waffen umgebaut werden können, verboten werden sollen.