VW-Bußgeld fließt in Digitalisierung, Kliniken und Städte, die Fahrverbote abwenden müssen
Die spannendste Frage, die das Kabinett in der Haushalts-Klausurtagung beantworten musste, betrifft das von VW an das Land Niedersachsen gezahlte Bußgeld, das rund eine Milliarde Euro ausmacht. Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) geht inzwischen davon aus, dass selbst bei ungünstigen Umständen der weit überwiegende Teil des Geldes in seinem Etat verbleibt – selbst dann, wenn VW den Betrag steuerlich absetzen würde. „Die Belastung für das Land bliebe dann bei weniger als zehn Millionen Euro“, sagte Hilbers. Deshalb hat das Kabinett großzügig das Geld verteilt. Für die Schuldentilgung bleibt dabei nur ein Zehntel übrig, nämlich 100 Millionen Euro.
Uni-Kliniken kriegen von VW nur 150 Millionen
Die dicksten Brocken fließen mit je 350 Millionen Euro zu gleichen Teilen in die beiden „Sondervermögen“, die das Land bereits geschaffen hat – eines für die Digitalisierung, das zweite für die Krankenhäuser, vor allem für die Sanierung der Uni-Kliniken in Hannover und Göttingen. „Sondervermögen“ sind so etwas wie Sparkassen, die das Land nebenher anlegt – und das dort eingezahlte Geld soll dann Zug um Zug, nicht wie in den üblichen Haushaltsplänen mit jährlich konkret festgelegten Ausgabebeträgen, für die Investitionen fließen. Damit sind diese Vermögen dem strengen Reglement der parlamentarischen Haushaltsplanung ein Stückweit entzogen. Im Sondervermögen für Krankenhäuser wird festgelegt, dass für die beiden Uni-Kliniken aus dem VW-Bußgeld nur ein Betrag von 150 Millionen abgezweigt wird, 200 Millionen sollen für alle übrigen Krankenhäuser bereitgestellt werden. De facto wird das Geld also für Großinvestitionen in der Grundversorgung der Kliniken fließen. Wie Hilbers betonte, kann damit auch das Programm des Bundes für die Krankenhausinvestitionen kofinanziert werden, vier Jahre lang könnten jährlich 250 Millionen Euro in die Kliniken gesteckt werden. Die beiden Sondervermögen wachsen mit den neuen Beschlüssen enorm an – auf 850 Millionen für die Digitalisierung, das sind fast 85 Prozent der angepeilten Gesamtsumme, und auf rund eine Milliarde für die Kliniken, das ist vermutlich fast die Hälfte des am Ende notwendigen Betrags. Mit dieser Entscheidung ist für Großvorhaben der kommenden Jahre und Jahrzehnte schon ein beträchtlicher Betrag zur Seite gelegt worden.
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Daneben will die Landesregierung auch ein 100-Millionen-Programm für jene Städte auflegen, die wegen der Diesel-Affäre und der daraus folgenden Luftverschmutzung womöglich mit Forderungen nach Fahrverboten konfrontiert werden. Ministerpräsident Stephan Weil sagte, die Landesregierung wolle Fahrverbote „überall im Land vermeiden“, Umweltminister Olaf Lies solle nun mit den Kommunen, in denen das drohe, über mögliche Investitionen reden – etwa die Modernisierung der Busflotte, neue Antriebsformen für den ÖPNV. Bei Förderprogrammen des Bundes könne es hier darum gehen, den kommunalen Eigenanteil zu entlasten. Zunächst kommen für das Programm die Großstädte Hannover, Oldenburg, Osnabrück und Hildesheim ins Visier, nicht ausgeschlossen ist bisher aber, dass auch mittelgroße Städte Geld aus einem Landes-Förderprogramm erhalten können. Die letzten 100 Millionen Euro aus der VW-Bußgeld-Milliarde will die Landesregierung in ein Programm zur Sanierung und Förderung kommunaler Sportstätten stecken.
Schilff wünscht sich zusätzliche Polizeianwärterstellen
Während die Landtagsfraktionen von SPD und CDU die Haushaltsbeschlüsse lobten, kam von der Opposition Kritik. „Von Verwaltungsverschlankung und Aufgabenkritik ist keine Rede mehr in dieser Regierung“, rügte Christian Grascha (FDP). Dietmar Schilff von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) lobte zwar die je 500 Stellenhebungen von A9 nach A10 und A10 auf A11 bei der Polizei, doch man hätte sich gewünscht, dass zusätzliche Polizeianwärterstellen geschaffen werden. Diese „Pause“ werfe die Polizei wieder zurück.