Von der Leyen: „Putins Imperialismus endet nicht in der Ukraine. Wir müssen Stärke zeigen“
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hat von einer „doppelten Bedrohung für die Demokratie in Europa“ gesprochen. Beim „kleinen Parteitag“ der Niedersachsen-CDU sagte sie am Freitagabend in Hildesheim, dass die Stabilität der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung in der EU von zwei Seiten angegriffen werde. Zum einen führe Putin in der Ukraine einen Vernichtungskrieg und zwinge so die EU-Mitgliedsstaaten zu militärischer Unterstützung. Zum anderen versuchten „die Freunde Putins“ in Deutschland und anderen EU-Ländern, die Demokratie aus dem Weg zu räumen.
Von der Leyen trat mit einer leidenschaftlichen Rede vor den 400 Delegierten und Gästen auf. „Lasst uns diese Wahl gewinnen, lang lebe Europa!“ rief sie und erntete am Ende stehende Ovationen. Sie habe eine „tiefe Erdung in Niedersachsen“, sagte sie und erinnerte an ihre Anfänge in der Politik vor 25 Jahren, beginnend mit dem Ortsrat Ilten, dem Stadtrat Sehnde und dem Landtag in Hannover. Mit der CO2-freien Stahlproduktion, der Windenergie und der Wasserstoffproduktion habe Niedersachsen große Chancen. „Dabei ist es wichtig zu erkennen: Es gibt keinen Klimaschutz ohne wettbewerbsfähige Wirtschaft.“ Die Energiekosten müssten gesenkt werden und eine EU-Kapitalmarktunion müsse geschaffen werden, damit mehr Wachstum möglich wird. Von der Leyen verteidigte die EU-Wegweisung in der Wolfspolitik („Wir passen das Recht der Realität an. Der Schutzstatus des Wolfes wird gesenkt.“) und plädierte für eine gemeinsame EU-Verteidigungspolitik. „Putins Imperialismus endet nicht in der Ukraine. Wir müssen Stärke zeigen.“ Die Ukraine werde „eine Zukunft in der EU haben“.
Der niedersächsische CDU-Spitzenkandidat für die Europawahl und frühere Ministerpräsident David McAllister widmete längere Passagen seiner Rede der Migrationspolitik. Am 10. April hatte eine Mehrheit im EU-Parlament die neuen Regeln beschlossen, die eine stärkere Zurückweisung von illegaler Zuwanderung an den EU-Außengrenzen ermöglichen. Die niedersächsische CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont aus Gifhorn zählte zum engeren Kreis der EU-Politiker, die hier wesentliche Vorarbeiten geleistet hatten.
Dass nun die deutschen Grünen im EU-Parlament den Kompromiss nach achtjähriger Vorbereitung nicht mitgetragen hatten, ist nach McAllisters Worten „vollkommen inakzeptabel“: „Wer in der ,grünen Blase’ zuhause/ ist, wird nicht viel zu tun haben mit Menschen, die überlegen, aus Protest eine radikale Partei zu wählen. Dann sollen die Grünen aber bitte aufhören, Krokodilstränen über den gestärkten Rechtspopulismus zu weinen.“ Von der Leyen hatte McAllister in Hildesheim „unseren heimlichen Außenminister“ genannt – eine Anspielung darauf, dass der frühere Ministerpräsident den Vorsitz des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament leitet.
Der „kleine Parteitag“ der CDU stand ganz im Zeichen des beginnenden EU-Wahlkampfs für die Wahl am 9. Juni. Der CDU-Landesvorsitzende Sebastian Lechner bezeichnete die EU-Kommissionspräsidentin in Anlehnung an die Bewertung eines US-Magazins als „die mächtigste Frau der Welt“. Dass diese ihre Wahlkampftour nun in Niedersachsen starte, ihrer persönlichen und politischen Heimat, sei eine besondere Auszeichnung für die Landespartei. Als Kommissionspräsidentin habe sie in der Corona-Krise sichergestellt, dass alle EU-Staaten gleichzeitig den nötigen Impfstoff geliefert bekommen haben. „Was wäre passiert, wenn das nicht möglich gewesen wäre?“, fragte Lechner.
Als dann 2022 Putin die Ukraine überfallen hatte, habe es von der Leyen geschafft, alle EU-Mitgliedsstaaten auf eine gemeinsame Linie zur Unterstützung des angegriffenen Volkes einzustimmen. Hier habe sich die Niedersächsin als „wahre Staatsfrau“ erwiesen. Von der Leyen kandidiert nicht für das EU-Parlament, sie soll aber auf Vorschlag der Europäischen Volkspartei EU-Kommissionspräsidentin bleiben. Ob es dazu kommt, hängt vom Wahlergebnis und von der Verständigung der Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten ab. McAllister steht auf Platz eins der CDU-Landesliste für die Europawahl, ihm folgen die EU-Abgeordnete Lena Düpont (Gifhorn), der EU-Abgeordnete Jens Gieseke (Emsland), der Oldenburger Jochen Steinkamp und die JU-Landesvorsitzende Karoline Czychon aus Hannover.
Dieser Artikel erschien am 15.04.2024 in der Ausgabe #069.
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