Volle Flieger, leere Läden
Dem sogenannten „Team Vorsicht“ fehlt es an Ideen und kreativen Lösungen. Es versteht sich lediglich auf das Mauern in der Defensive, „Beton anrühren“ nennt man das im Fußball. Angela Merkel und Markus Söder haben Deutschland im Lockdown einbetoniert, meint Martin Brüning.
Die Schneeberge sind geschmolzen, auf 15 Grad soll das Thermometer am Freitag in Hannover klettern. Während sich langsam der Frühling vor den Fenstern ankündigt, hat sich eines nach wie vor nicht geändert: Deutschland ist immer noch im Lockdown. Erst war es der Lockdown-Light, dann der verschärfte Lockdown, über Ostern soll jetzt harte Lockdown kommen, und im Raum steht natürlich immer noch der Knallhart-Lockdown samt verfassungsmäßig fragwürdiger Ausgangssperre.
Die Liste der Lockdown-Möglichkeiten symbolisiert die Ideenlosigkeit von Bund und Ländern. Während der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten vieles nicht wirklich gelingen mag – die Beispiele reichen vom Impfchaos bis zur Test-Schlappe – scheint am Ende immer nur alles auf ein Mittel hinauszulaufen: den Lockdown. Die müde Kanzlerin und ihr bayerischer Knappe zählen sich nach vor zum „Team Vorsicht“, aber dieses Team spielt ideenlos und versteht sich lediglich auf das Mauern in der Defensive, „Beton anrühren“ nennt man das im Fußball. Merkel und Söder haben Deutschland im Lockdown einbetoniert.
Zugleich regt sich immer mehr Widerstand und das führt dazu, dass das Land diskursiv irgendwo zwischen Notbremse und Öffnungsperspektive hängt. Es passt alles nicht mehr so richtig zusammen. Während Urlauber in den Flieger nach Mallorca steigen, bleiben Ferienwohnungen an der Nordseeküste verschlossen. Während Öffnungen in einzelnen Kommunen getestet werden sollen, will man mit einem massiven Lockdown über Ostern die dritte Welle brechen.
Während Österreich mit einer Inzidenz von 240 auf millionenfaches Dagegen-Test setzt, sind Deutschland Millionen von Schülern noch kein einziges Mal getestet worden – stattdessen wird in Schulen und Politik darüber diskutiert. Wo ist eigentlich die Notbremse für mut- und ideenlose Politik?
Das Aufrechterhalten des Lockdowns ist die logische Folge eines auf allen möglichen Feldern überforderten Systems.
Das Bund-Länder-Komitee für schlechte Nachrichten setzt nach schwierigen und stundenlangen Beratungen wieder einmal auf das Prinzip Hoffnung und entscheidet sich für den einfachsten Weg. Möglicherweise ist es aber auch der einzige Weg, denn das Aufrechterhalten des Lockdowns ist die logische Folge eines auf allen möglichen Feldern überforderten Systems. Mit ihrer Unfähigkeit, die eigenen Aufgaben anständig wahrzunehmen, stoßen Bund und Länder alle gutwilligen Menschen, die den langen Weg des Lockdowns bisher weitgehend klaglos mitgegangen sind, vor den Kopf.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil kündigte zwar regelmäßige Tests in großen Bevölkerungsgruppen an. Die bisherigen Erfahrungen sprechen allerdings eine andere Sprache. Nicht nur an den Schulen kommt das Testen bisher nicht richtig in Gang, auch in den Unternehmen wird mehrheitlich nicht getestet. Dabei gilt: Je kleiner das Unternehmen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Mitarbeitern schon einmal ein Testangebot unterbreitet wurde. Es hapert nicht nur an fehlenden Tests, sondern auch am Geld. Zugleich geht es bei den Impfungen zwar vorwärts, aber immer noch gibt es einen Rückstau. Gut ein Viertel der Impfstoffe liegt bisher ungenutzt in den Kühlschränken.
Und auch auf anderen Feldern ist mit einer Temposteigerung nicht zu rechnen. Mit zeitlich befristeten Modellprojekten soll erst einmal getestet werden, wie man teilweise zu Öffnungen kommen kann. Eine weitere Bankrotterklärung der Politik: Nach einem Jahr Corona und monatelangem Lockdown will Deutschland erst einmal punktuell das Öffnen üben. Dabei ist doch das ganze Land derzeit eine Art Modellprojekt und versucht gerade zu testen, wie man es nicht macht.
Wie heißt es so schön? Abgerechnet wird zum Schluss. In diesem Jahr ist Bundestagswahl.