Im Kampf gegen Internetbetrüger kommen die Verbraucherschützer kaum noch hinterher. Im „Fakeshop-Finder“ der deutschen Verbraucherzentralen werden jeden Monat etwa 2000 neue Onlineshops erfasst, die Kunden übers Ohr hauen wollen. „Die Online-Kriminellen dieser Welt sind superschnell“, sagt Petra Kristandt, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Niedersachsen (VZN). Nach der Pleite des Reiseveranstalters FTI seien Fakeshops quasi über Nacht aufgetaucht, um die von der Insolvenz betroffenen Kunden mit Lockangeboten abermals zu prellen.

Ein anderes aktuelles Beispiel sei der Online-Versandhandel „emsports.de“, der passend zur Europameisterschaft das Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft zur Hälfte des Normalpreises anbietet. Doch wer hier in der Hoffnung auf ein Schnäppchen den Bestellknopf drückt, werde bitter enttäuscht. „Wenn Sie überhaupt etwas bekommen, bekommen sie ein Produkt in einer total grottigen Qualität. Das ist nicht einmal die 50 Euro wert, die sie dort bezahlen“, sagte Kristandt gestern bei der VZN-Jahrespressekonferenz in Hannover.
Perfide ist auch eine andere Masche, die offenbar immer beliebter wird: Der Onlineshop „beckerhannover.de“ täuscht nicht nur Seriosität vor. „Der Laden suggeriert, dass es sich um ein Unternehmen in Hannover handelt“, schildert Kristandt. Die hier bestellten Pakete werden jedoch nicht wie angepriesen von einer „Familienboutique“ aus der Landeshauptstadt verschickt, sie kommen aus Fernost. „Dass es sich um einen China-Shop handelt, sieht man erst im tiefsten Kleingedruckten“, sagt Kathrin Bartsch, VZN-Referentin für Telekommunikation und Internet.
So gut der Fakeshop auch gemacht ist – bei der Verbraucherschützerin schrillen da sofort die Alarmglocken, weil im Impressum keine ladungsfähige Anschrift genannt wird. Viele Kunden würden solche Warnzeichen allerdings nicht bemerken. „Für die meisten Menschen reicht es, wenn eine E-Mail-Adresse oder eine Telefonnummer genannt wird, weil sie auch nicht anders kommunizieren“, sagt Bartsch. Die Verbraucherschützerin weiß allerdings aus Erfahrung: Sofern Fakeshop-Anbieter unter den genannten Kontaktdaten überhaupt zu erreichen sind, stellen sie sich bei Reklamationen in der Regel dumm. „Es passiert ihnen ja nichts“, so Bartsch.

Die Verbraucherzentrale rät zwar allen Kunden, die auf einen Fakeshop reingefallen sind, eine Strafanzeige zu stellen. „Das ist bedauerlicherweise aber oft zwecklos“, weiß Bartsch. Weil sich die Fakeshops in der Regel im Ausland befinden, seien die deutschen Strafverfolgungsbehörden weitgehend machtlos. Meldungen an die DENIC, die die deutschen Internetadressen verwaltet, oder an Google, wo die Fakeshops dank bezahlter Werbung ganz vorne bei den Suchergebnissen auftauchen, verlaufen nach der Erfahrung der niedersächsischen Verbraucherschützer üblicherweise im Sand. Anders verhalte es sich dagegen, wenn Markenrechte von großen Firmen verletzt werden. „Gerade bei Plagiaten reagieren Rechteinhaber sehr, sehr schnell“, sagt Bartsch. Noch mehr Tempo machen nur die Internetbetrüger selbst. „Die Fakeshops sind schnell da, sie sind aber auch schnell wieder weg“, erklärt Kristandt. Dass die dazugehörigen Internetseiten erst vor wenigen Monaten angemeldet wurden, sei für Fakeshops typisch.
Verdächtig sei auch die Verwendung des Netzwerkdienstes „Cloudflare“, der gerne für die Verschleierungen von illegalen Aktivitäten genutzt werde. Derartige Details werden im Fakeshop-Finder der Verbraucherzentralen ausgewertet, wo sie dann vereinfacht aufbereitet werden. „Für die Verbraucher ist das wichtigste Zeichen die rote Ampel“, sagt Kristandt. Rund 60.000 Fakeshops seien bereits mit dem Warnsignal versehen worden, der Fakeshop-Finder werde täglich etwa 6000 Mal genutzt.

Energie bleibt Topthema: Fakeshops sind zwar ein großer neuer Trend. Den größten Informationsbedarf gibt es aber nach wie vor bei Energieverträgen und energetischer Sanierung. Fast 40.000 Beratungen verzeichnete die Verbraucherzentrale Niedersachsen im Jahr 2023 rund um Fragen zur Heizkostenabrechnung, zu Strom- und Gasanbieterwechsel, zu Balkonkraftwerken oder zum Heizungstausch. „Seit Anfang des Jahres hat das etwas nachgelassen, die Nachfrage ist aber immer noch höher als vor Corona“, berichtet Kristandt. Der Informations- und Beratungsbedarf der niedersächsischen Verbraucher ist insgesamt gestiegen.
„Rund 181.000 persönliche Verbraucherkontakte – ein Plus von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr – belegen, dass die Menschen uns vertrauen und unsere Angebote wertschätzen“, sagt der VZN-Vorstandsvorsitzende Randolph Fries. Das Jahr 2023 sei von der unsichereren Finanzlage überschattet gewesen, weil Zuschüsse des Landes Niedersachsen im Millionenbereich auf der Kippe standen. Inzwischen habe die Landesregierung aber einen „Schwenk um 180 Grad vollzogen“. Wenn es um öffentliche Zuschüsse gehe, sei die Verbraucherzentrale Niedersachsen im bundesweiten Vergleich mittlerweile nicht mehr das traurige Schlusslicht. Fries: „Wir befinden uns jetzt im unteren Mittelfeld. Das bedeutet für uns: Wir können sauber planen und uns weiterentwickeln.“