Verbände streiten im Landtag: Ist der Wolf im Jagdgesetz „sachgerecht“?
Die Pläne der Regierungsfraktionen, den Wolf in das neue Jagdgesetz mit aufzunehmen, hatte bereits im Vorfeld für einigen Wirbel gesorgt. Bei der Expertenanhörung im zuständigen Agrarausschuss des niedersächsischen Landtags haben sich gestern nun mehrere Verbände positiv zu diesen Plänen positioniert. Jörn Ehlers, Vizepräsident des niedersächsischen Landvolks, nannte dieses Vorhaben „einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einem zukünftigen aktiven Wolfsmanagement.“ Er hält diesen Schritt für „sachgerecht und notwendig“.
Auf Nachfrage schilderte der Landwirt, dass sich die Stimmung unter seinen Berufsgenossen derzeit wieder verschlechtere, da die Zahl der Rissereignisse auch bei Pferden und Ponys wieder zunehme. Ehlers verwies auf eine Umfrage, die das „Aktionsbündnis aktives Wolfsmanagement“ in Auftrag gegeben hatte, die zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Niedersachsen zwar mehrheitlich die Rückkehr des Wolfes begrüßten, gleichzeitig aber auch Maßnahmen zur Begrenzung der Wolfspopulation guthießen. Auch Björn Rohloff, stellvertretender Geschäftsführer des Zentralverbands der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden Niedersachsen (ZJEN), begrüßte die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht. Es sei gut, dass die Zuständigkeiten bei der Jägerschaft geregelt seien, auch wenn es noch Konkretisierungsbedarf gebe. Ähnlich äußerte sich Norbert Leben für den Waldbesitzerverband.
Landestierschutzbund schlägt Revierübergreifendes Lebenswelt-Gutachten vor
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände positionierten sich nicht zu der konkreten Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden sollte oder nicht. Sie merkte allerdings für den Fall der Aufnahme an, dass durch die neue Rechtslage eine kompliziertere Situation entstehen könnte, da künftig zwei Behördenstränge für den Wolf zuständig wären – der naturschutzrechtliche und die jagdrechtliche. Lutz Mehlhorn appellierte deshalb dafür, der Öffentlichkeit deutlich zu vermitteln, dass sich mit der neuen Rechtslage in der Praxis zunächst nichts ändern werde. Auch Benjamin Munte, Justiziar der Landesjägerschaft, warnte davor, vor allem im ländlichen Raum keine falschen Erwartungen zu schüren. Die kommunalen Spitzenverbände regten zudem an, im Jagdrecht analog zum Naturschutzrecht die Möglichkeit zu schaffen, dass kreisübergreifend gearbeitet werden könne – schließlich halte sich der Wolf nicht an die Grenzen von Landkreisen.
Dezidiert kritisch äußerte sich im Landtag lediglich Dieter Ruhnke vom Landestierschutzbund. Er schlug ein Revier-übergreifendes Lebenswelt-Gutachten vor, um sich ein besseres Bild von der Lage des Wolfes machen zu können. Zudem führt er aus, dass das derzeitige exponentielle Wachstum der Wolfspopulation nur eine erste Phase darstelle und irgendwann eine Art Sättigung eintrete. Noch vor der Ausschusssitzung rief sich unterstützend der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Erinnerung, auch wenn seine Vertreter nicht Teil der offiziellen Anhörung waren. Der stellvertretende Landesvorsitzende Axel Ebeler kritisierte per Mitteilung das generelle Vorgehen des Landesumweltministers Olaf Lies (SPD), der mithilfe eines Gutachtens einen günstigen Erhaltungszustand für Niedersachsen feststellen lassen möchte. Ebeler erklärte: „Es gibt keinen günstigen Erhaltungszustand eines einzelnen Bundeslandes.“ Eine „künstliche Obergrenze“ für den Wolf festzulegen, sei „unsinnig“. Neben dem Wolf ging es bei der Anhörung zum neuen Jagdgesetz noch um andere Punkte:
Nutrias und in besonderen Fällen wildernde Hauskatzen sind im Jagdgesetz enthalten
Wildernden Hauskatzen: Das neue Jagdgesetz hält nach aktuellem Stand an einer Regelung fest, die es Jägern erlaubt, freilaufende Katzen zu schießen, falls diese mehr als 300 Meter von der nächsten Siedlung entfernt sind und sich dort etwa an Wildvögeln sattfressen wollen. Besonders aus der SPD-Fraktion wurden an diesem Passus aufgrund von Zuschriften nun überraschend Zweifel formuliert. Der Tierschutzbund hält diese Regelung für gänzlich veraltet. Für deren Landeschef Ruhnke wäre es ein besserer Weg, in allen Kommunen eine Kastrationspflicht für die Hauskatzen festzuschreiben und das Problem so einzudämmen. Dass es ein Problem mit den Hauskatzen gibt, bestätigte aber auch er.
Jäger gegen Nutria: Die kommunalen Spitzenverbände werben mit Nachdruck dafür, weiterhin die Jäger im Kampf gegen die Nutria-Plage einzusetzen. Einen Vorschlag der FDP, die Nutria aus dem Jagdrecht zu streichen, lehnen sie deshalb in der Tendenz ab. Als Kompromiss schlagen sie vor, eine Regelung zu finden, nach der die Jäger auch innerhalb des Naturschutzrechtes hinzugezogen werden können. Mehlhorn erneuerte die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände nach einer konzertierten Aktion im gesamten Land gegen die invasiven Nager.
Übergangfrist bei digitalen Abschussplänen: Der Entwurf zum neuen Jagdgesetz sieht ab Inkrafttreten eine Pflicht zur digitalen Übermittlung von Abschussplänen seitens der Jagdbeiräte vor. Hierzu wird von mehreren Verbänden übereinstimmend zweierlei kritisiert: Zum einen seien gerade ältere Jäger häufig nicht im Stande, digitale Anwendungen korrekt zu bedienen. Zum anderen fehlte gerade noch im ländlichen Raum vielfach noch der angemessene Internetzugang. Ein Vorschlag der Landesjägerschaft war es, hierfür einen Übergangszeitraum einzuräumen.
Kritik am Management: Die Landesregierung verwendet in ihrem Gesetzentwurf den Begriff des „Wildtiermanagements“. Sowohl die kommunalen Spitzenverbände als auch die Waldbesitzer kritisieren, dass dieser Begriff aber gar nicht weiter definiert wird und deshalb folgenlos bliebe.
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