„Unsere bayerische Grenzpolizei hat sich jetzt bereits bewährt“
Vor gut anderthalb Monaten hat die neue bayerische Grenzpolizeiinspektion ihre Arbeit aufgenommen, um illegale Einreisende aufzuspüren. Die Flüchtlingszahlen sind stark zurückgegangen und sinken weiter. Rundblick-Redakteurin Isabel Christian sprach während eines Besuchs des niedersächsischen Landtags-Innenausschusses in München mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Rundblick: Herr Herrmann, neben der Bundespolizei, deren originäre Aufgabe der Schutz der deutschen Grenzen ist, haben Sie seit kurzem wieder eine eigene Grenzpolizei. Kritiker sprechen dabei allerdings von einem Etikettenschwindel, denn hinter der neuen Behörde verberge sich lediglich die frühere „Polizeiinspektion Fahndung“. Hat die neue Grenzpolizei tatsächlich mehr Befugnisse, vor allem in Hinblick auf die Grenze?
Herrmann: Als Österreich und Italien vor knapp 20 Jahren zum Schengenraum dazukamen, hat Bayern als erstes Bundesland die Schleierfahndung, also die verdachtsunabhängige Kontrolle des Verkehrs im Grenzraum, eingeführt. Seitdem betreiben Polizisten im 30-Kilometer-Grenzraum zu Tschechien und Österreich die Schleierfahndung. Das wird von Hof in Oberfranken bis Lindau am Bodensee von der bayerischen Grenzpolizei immer noch gemacht. Grenzkontrollen im eigentlichen Sinn hat der Bund ja bei der EU nur für die österreichische Grenze angemeldet. An der tschechischen Grenze machen sowohl Bund wie auch Land nur Schleierfahndung. Grenzkontrollen gibt es rund um die Uhr nur an den drei Autobahnübergängen A3, A8 und A93. Da sind wir ständig mit einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei – sprich an jedem Grenzübergang ein Zug – zur Unterstützung der Bundespolizei im Einsatz. Die Bundespolizei hat aber unmittelbar das Sagen, ihre Beamten führen die Kontrollen durch und wir sind nur zur Unterstützung dort – damit noch intensiver kontrolliert werden kann, denn die Bundespolizei sagt, sie hätten sonst zu wenig Leute.
Rundblick: Das heißt, Ihre Grenzpolizei ist eigentlich gar keine richtige Grenzpolizei?
Herrmann: Doch. Denn es gibt ja noch zig andere Grenzübergänge, wie Bundesstraßen oder Landstraßen. Dort hat bisher die Bundespolizei stichprobenartig für jeweils ein paar Stunden kontrolliert. Das ist aber noch verbesserungswürdig. Deshalb gibt es seit dem 18. Juli die Regelung, dass die bayerische Grenzpolizei in Absprache mit der Bundespolizei an diesen Bundes- und Staatsstraßen eigenständig Kontrollen durchführen darf. Diese Absprache gibt es ja auch schon bei der Schleierfahndung, hier wird also nach Möglichkeit vermieden, dass Bundes- und Landespolizei an einer Straße gleichzeitig kontrollieren. Bundes- und Landespolizei kontrollieren jetzt also mal hier, mal dort für ein paar Stunden. Eine dauerhafte Kontrolle an allen Übergängen gibt es nicht, das wäre auch gar nicht leistbar.
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Rundblick: Wie erfolgreich sind diese neuen Kontrollen bisher?
Herrmann: Um es vorweg zu sagen: Die Zahl der Flüchtlinge und illegalen Grenzübertritte, die wir dabei feststellen, ist überschaubar. Die illegale Einreise findet immer noch im Wesentlichen auf den Hauptrouten, also den Autobahnen, statt. Das hängt auch damit zusammen, dass die Balkanroute nahezu undurchlässig geworden ist.
Rundblick: Aber wenn die Kontrollen an den Nebenstraßen ja gerade wegen der Migration ausgeweitet wurden, fehlt bei den geringen Zahlen der Aufgegriffenen – inoffizielle Quellen sprechen von etwa zehn Migranten am Tag an den drei Hauptkontrollpunkten – nicht mittlerweile die Rechtfertigungsgrundlage für den Aufwand?
Herrmann: Es ist ja nicht so, dass wir gar nichts fänden. Seit wir an den Nebenstraßen kontrollieren, haben wir viel mehr Aufgriffe von Straftätern. Drogenschmuggler, Autodiebe, Einbrecherbanden – ihrer konnten wir bisher nur mit der Schleierfahndung habhaft werden. Die Kontrollen sind also auch eine Frage der Kriminalitätsbekämpfung.
„Voll im Einklang mit der Rechtslage“
Rundblick: Nun ist die Kontrolle der Binnengrenzen zur Kriminalitätsbekämpfung nach EU-Recht jedoch verboten. Die Kontrollen an der österreichischen Grenze sind auch nur wegen der Migration der Flüchtlinge gestattet worden. Wenn diese Grundlage allerdings mit den sinkenden Flüchtlingszahlen schwindet, bedeutet das doch auch mittelfristig das Aus des neuen Grenzpolizei?
Herrmann: Die verstärkten Grenzkontrollen sind auf jeden Fall wirksam, illegale Einreise einzudämmen. Und die Bundesregierung hat die letzte Verlängerung der Erlaubnis für Kontrollen ausdrücklich auch mit den terroristischen Gefahren begründet, nicht in erster Linie mit der Migration. Also das, was wir mit der Bundespolizei tun, steht voll im Einklang mit der derzeitigen Rechtslage.
Rundblick: Das bedeutet also, Sie müssen nicht damit rechnen, dass in einem Jahr etwa gesagt wird: Der Grund für die Kontrollen ist weggefallen, jetzt müssen die Kontrollen wieder eingestellt werden?
Herrmann: Diese Befürchtung habe ich nicht, gerade die Aufgriffe von illegal Einreisenden zeigen ja, dass es nicht in Ordnung ist, was da unterwegs ist. Aber unser Hauptziel ist ja schon, dass die Außengrenzen der EU wieder hinreichend geschützt werden. Darum begrüße ich es sehr, dass man beschlossen hat, die EU-Grenzschutzeinrichtung Frontex deutlich zu verstärken. Es sollen ja mehrere 1000 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Wenn es der EU gelingt, in den nächsten Jahren den Außengrenzschutz wieder richtig herzustellen und die Probleme weniger würden, dann würde ich mich freuen, wenn unsere Grenzschutzkontrollen nicht mehr nötig wären.