
Vorstandsmitglieder bekamen 40-70.000 Euro Aufwandsentschädigung pro Jahr
Alle Steuerberater sind verpflichtet, Mitglied in der Kammer zu sein, das gilt für natürliche und juristische Personen. Ein Kammerbeitrag je Mitglied von rund 400 Euro wird erhoben. Aus diesen Beiträgen finanziert die Kammer auch die Beträge, die als Vergütung für ihre ehrenamtlichen Vertreter gezahlt werden. Umstritten ist nun die Frage, ob die gesetzlich vorgeschriebene Aufwandsentschädigung als Anerkennungsbetrag für die Arbeit der Berater anzusehen ist oder als Verdienstausfall – zumal ehrenamtliche Arbeit Zeit kostet, die von den Beratern nicht für ihre eigentliche Beratungstätigkeit verwendet werden kann. Einzelne Vorstandsmitglieder sollen 40.000 Euro jährlich angegeben haben, andere bis zu 70.000 Euro.
Es zeigt sich an diesem Fall, wie der alte Vorstand die Situation wesentlich verschlimmert hat, indem er nicht bereit war zu einer offenen und selbstkritischen Aufarbeitung.
Teilnehmer der Hauptversammlung berichten, dass es wegen der Meinungsverschiedenheiten über die rechtliche Zulässigkeit der Vergütungsregeln zu einem Zerwürfnis im alten Vorstand gekommen war. Drei Mitglieder, darunter zwei Vizepräsidenten, traten zurück. Es wurde ein Rechtsgutachten angefordert bei der hannoverschen Anwältin Uta Rüping, im Nebenamt Vizepräsidentin des Staatsgerichtshofs. Sie soll Ende 2018 zu dem Schluss gekommen sein, dass die Vergütungen der Höhe nach nicht angemessen gewesen sein sollen. Dem alten Vorstand wurde später vorgehalten, das Gutachten unter Verschluss gehalten zu haben. Den Rechnungsprüfern, die vor der Hauptversammlung die Finanzen des Verbandes prüfen sollten und Einsicht in das Rüping-Gutachten forderten, soll das vom Vorstand zunächst verweigert worden sein. Erst als daraufhin das Finanzministerium eingeschaltet wurde, heißt es, sei das Papier dann herausgegeben worden. Der hannoversche Steuerberater und Hochschulprofessor Stefan Homburg, der in der Versammlung als einer derjenigen bestimmt wurde, die das Vergütungssystem überarbeiten sollen, sagte dem Rundblick: „Es zeigt sich an diesem Fall, wie der alte Vorstand die Situation wesentlich verschlimmert hat, indem er nicht bereit war zu einer offenen und selbstkritischen Aufarbeitung.“
Der bisherige Präsident Fischer hat gestern auf eine Rundblick-Anfrage zu den Vorfällen nicht reagiert. Der Sprecher des Finanzministeriums teilte mit, man habe keine Kompetenz, wirtschaftliche Entscheidungen der Kammer zu beanstanden oder aufzuheben. Es gehe ausschließlich darum, die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen – und hier habe man keinen Anlass gesehen, einzugreifen.
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