
Wenn die Gesellschaft eine bestimmte Leistung haben will, muss sie diese honorieren.
Rundblick: Die Europawahlen und auch die Kommunalwahlen in Niedersachsen haben gezeigt, dass die Grünen im Kommen sind. Muss sich die Landwirtschaft mehr um Umweltschutz kümmern?
Schulte to Brinke: Die Wahlerfolge der Grünen zeigen, wie wichtig Umweltfragen den Menschen sind. Uns sind sie auch sehr wichtig – das geht aber nicht für lau. Wenn die Gesellschaft eine bestimmte Leistung haben will, muss sie diese honorieren. Landwirte leben von der Fläche, die sie bewirtschaften. Wenn die Flächen anderweitig genutzt werden, zum Beispiel für Blühwiesen oder Feldlerchenfenster, dann muss sich das auch lohnen.
Rundblick: Wie soll das denn bezahlt werden?
Schulte to Brinke: Wir haben gute Erfahrungen in der Region Hannover gemacht. Dort hat man im Haushalt Geld für Naturschutzprogramme in der Landwirtschaft bereitgestellt. In diesem Jahr sind die Mittel sogar doppelt überzeichnet. Das zeigt: Wenn es bezahlt wird, ziehen die Landwirte mit. Die Vertragsbestimmungen müssen stimmen und man muss vernünftig ins Gespräch kommen. Ich finde, das muss auf kommunaler Ebene geregelt werden, da ist man näher dran. Wo man die Landwirte noch persönlich kennt, identifiziert man sich auch mehr damit. Es gibt auch Landwirte, die sammeln Spenden zum Beispiel in Höhe von 50 Cent für einen Quadratmeter Blühfläche. Dabei geht es auch darum, ein Problembewusstsein bei den Menschen zu schaffen: Wenn ich Veränderungen will, muss ich dafür Geld in den Topf tun.
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Rundblick: Eine Finanzierungsquelle für Umweltprogramme sind also Kommunen, eine andere die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP). Im nächsten Jahr soll die reformiert werden. Wie geht es da weiter? Schulte to Brinke: Die GAP ist für uns extrem wichtig. Wir hoffen, dass die Kommission jetzt nach der Europawahl bald wieder anfängt zu arbeiten und es mit den Reformplänen vorangeht. Wir bauen weiterhin auf eine starke erste Säule. Sie ist notwendig, um das Einkommen der Landwirte auszugleichen. Nur so können wir auch im Vergleich mit anderen Ländern wettbewerbsfähig bleiben. Die Grenzen sind heute so durchlässig geworden, dass Deutschland mit Ländern wie Brasilien konkurriert. Unsere Umweltstandards sind aber deutlich höher als dort. Deshalb sind die Subventionen notwendig, damit unsere Betreibe auch international konkurrenzfähig bleiben. In konventionellen Betrieben machen die EU-Gelder im Schnitt 50 Prozent des Einkommens aus, in Bio-Betrieben noch deutlich mehr.
