Alle sprechen von der Digitalisierung. Nur die Radiosender müssen sich in diesen Wochen verstärkt mit einer fast 100 Jahre alten Technologie beschäftigen. Im Jahr 1925 wurde zum ersten Mal auf UKW gesendet. Bis heute ist die Ultrakurzwelle für die Sender der wichtigste Übertragungsweg. Wie lange das noch so bleibt, ist ungewiss. Dennoch müssen sich die Hörfunksender derzeit damit befassen, ob sie die UKW-Sendeanlagen kaufen. Denn der ehemalige Monopolist Media Broadcast, der zum Freenet-Konzern gehört, hat daran kein Interesse mehr und will sich lieber auf digitale Verbreitungswege und technische Serviceleistungen konzentrieren. Bundesweit stehen jetzt rund 1000 UKW-Antennen zum Verkauf, für die die Sender bis Ende Mai unverbindlich bieten können. Der Rest soll dann in einem zweiten Schritt versteigert werden. Bis Sommer 2018 will Mediabroadcast die Antennen los sein.

Dieses Radio ist eindeutig noch ein UKW-Gerät – aber ist es auch die Zukunft?  – Foto: Jakob Brüning

In Niedersachsen kann sich nur ein Hörfunkanbieter entspannt zurücklehnen. Der NDR verfügt zumeist über eigene Sendeanlagen und ist lediglich homöopathisch betroffen. Dagegen müssen sich private Radiosender wie radio ffn, Antenne Niedersachsen und Radio 21 überlegen, ob und wie sie in das Verfahren einsteigen. Betroffen ist wegen der Bürgersender auch die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM). Deren Direktor Andreas Fischer hält es für wahrscheinlich, dass auch die Medienanstalt ein Angebot abgeben wird. „Wer nicht bietet, scheidet gleich aus dem Verfahren aus und hat dann auch einen schlechteren Zugang zu Informationen“, befürchtet NLM-Chef Fischer im Gespräch mit dem Rundblick. Darüber hinaus sei es vielleicht auch möglich, dass man durch den Besitz der Anlagen Geld sparen könne. Schließlich müsste man dann nicht mehr die Nutzungsgebühren überweisen.

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Das Problem: So genau weiß das niemand. Denn sehr viele Parameter in dem Verfahren sind vollkommen unbekannt. Welche Interessen haben die Anbieter? Weiß man nicht. In welchem Zustand sind die Anlagen wirklich? Kann kam nur erahnen. Wie wird sich der Markt nach einem Verkauf verhalten? Unvorhersehbar. Hinzu kommen zwei weitere Pferdefüße für die Bieter. Sie können zwar die Antennenanlagen kaufen, besitzen dann aber nicht die Grundstücke, auf denen diese Anlagen stehen. Die gehören der Deutschen Funkturm, einer Tochtergesellschaft der Telekom – für die Käufer wird also auch noch Miete fällig. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, müssten die Käufer dann auch noch Rückbauverpflichtungen für die Anlagen übernehmen. So ein Rückbau kann bis zu 100.000 Euro kosten. Allein diese Verpflichtungen könnten Sendern nach dem Kauf der Anlagen die Bilanz verhageln. Ein bisschen viel Risiko auf einmal. „Der NLM wäre es lieber, wenn ein anderer Betreiber die UKW-Antennen übernimmt. Das wäre auf jeden Fall risikoärmer“, sagt Andreas Fischer.

Auch Harald Gehrung, Geschäftsführer von radio ffn, tut sich mit der Kaufmöglichkeit schwer. „Was sinnvoll ist, können wir nur erahnen, weil wir nicht alle relevanten Informationen haben“, sagt Gehrung dem Rundblick. Und wer sich zum Kauf entschließe und womöglich auch noch den Zuschlag erhalte, der stehe schon vor der nächsten Herausforderung. „Wer die Anlage kauft, braucht auch das entsprechende Know-How. Das gibt es in den Sendern aber natürlich bisher gar nicht“, so Gehrung. Alternativ könne der Service nach dem Kauf auch eingekauft werden – natürlich beim Verkäufer, der Mediabroadcast, die dann gleich doppelt kassieren könnte.

Besser also nicht kaufen? Auch das könnte für die Sender teuer werden. Denn bisher sind der Markt und damit auch die Preise durch die Bundesnetzagentur reguliert. Für die Mediabroadcast wurde es dadurch zu unattraktiv. Erst seit wenigen Jahren gibt es auch einige weitere Anbieter. Wenn der Markt allerdings mit dem Verlauf dann für viele Anbieter geöffnet wird, könnte das Auswirkungen auf die Preise haben. „Das ist für uns eine sehr wichtige Frage, denn die UKW-Antennenanlagen sind ein riesengroßer Kostenblock bei den Sendern“, erklärt Gehrung.

Dem radio ffn-Geschäftsführer zufolge überlegen derzeit alle, die zusammen in einem Boot sitzen, wie man die Herausforderung am besten regeln kann. Dabei spielt auch die Politik eine Rolle. „Dort setzt man zum Teil auf DAB Plus, und wir sollen jetzt die UKW-Türme kaufen. Man weiß ja bereits jetzt, dass das Wachstum im UKW-Bereich dadurch endlich ist.“

Egal, wie sich die Sender am Ende entscheiden – eines steht für Harald Gehrung bereits fest: „Es wird aufwendiger und damit auf jeden Fall nicht billiger.“ (MB.)