Ukraines Botschafter erklärt: Wir sind bereit für eine Partnerschaft mit Niedersachsen
Die Einigkeit ist parteiübergreifend, sie reicht von der AfD über SPD und CDU bis zu den Grünen. Wenn der niedersächsische Landtag eine Partnerschaft mit einer Region in der Ukraine beschließen will, wird das von der Regierung der Ukraine begrüßt und unterstützt werden. Das erklärte der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev am Donnerstag nach einem Gespräch mit Landtagsvizepräsident Marcus Bosse (SPD) und den vier Fraktionschefs im Landtag.
„Partnerschaften sind eine wichtige Kraft für bilaterale Beziehungen. Wir begrüßen es sehr, wenn so etwas entsteht“, sagte Makeiev. Vorstellbar seien zum einen lokale Kooperationen zwischen Großstädten, Städten und Gemeinden – aber auch solche Verbindungen auf Landesebene. Als Beispiel erwähnte der Botschafter eine Entscheidung im benachbarten Nordrhein-Westfalen. Dort habe das Land einen Vertrag mit der Region geschlossen, in der die ukrainische Partnerstadt der Stadt Köln liegt. „Daran könnte man sich orientieren“, betonte er.
Niedersachsens Landeshauptstadt strebt nun eine Städtepartnerschaft mit der 480.000 Einwohner zählenden Stadt Mykolajiw im Süden der Ukraine an, die an die Region Odessa grenzt. Die regionale Verwaltungseinheit für diese Stadt ist die Oblast Mykolajiw mit rund 1,1 Millionen Einwohnern. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Sebastian Lechner sagte: „Im Landtag liegt ein Antrag der CDU schon seit Januar vor, in dem eine Partnerschaft Niedersachsens mit einer ukrainischen Region gefordert wird. Wir können den einfach beschließen und hätten dann die Basis für eine solche Verbindung.“ Einen konkreten Vorschlag für eine Region habe der Botschafter ja vorgetragen.
SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne hob hervor, dass Ministerpräsident Stephan Weil sich im Februar aufgeschlossen gegenüber dem Partnerschaftsgedanken gezeigt habe. Dass die Debatte darüber jetzt an Schwung gewinne, begrüße er, fügte Tonne hinzu. Die Experten für Partnerschaftsfragen in der Staatskanzlei könnten dazu wertvolle Hinweise zur inhaltlichen Ausgestaltung einer solchen Verbindung geben. Formell kann der Landtag mit einer Willensbekundung der Regierung den Auftrag geben, eine Partnerschaft zu begründen. Für die dauerhafte Pflege, den kulturellen Austausch und mögliche Unterstützungsprogramme ist ein Fachreferat der Staatskanzlei zuständig. Der Anfang dazu müsste aber vermutlich über einen Landtagsbeschluss gesetzt werden.
Botschafter Makeiev hatte am Donnerstag die Stadt Hannover besucht, mit Studenten der Leibniz-Universität diskutiert und am Nachmittag dann mit der Landesregierung und den Vertretern der Landtagsfraktionen gesprochen. An einer Pressekonferenz zum Abschluss seiner Visite nahmen dann ausschließlich Landtagsvizepräsident Bosse und die Fraktionsvorsitzenden teil, die Regierung fehlte bei diesem Auftritt. SPD-Fraktionschef Tonne verdeutlichte in seinem Statement, wie er für seine Fraktion die Lage einschätzt: Es handele sich um einen brutalen Angriffskrieg Russlands, den der russische Präsident Wladimir Putin selbst jederzeit beenden könne, wenn er seine Truppen aus der Ukraine zurückzieht und die Kriegshandlungen einstellt. Es sei die Verpflichtung der Deutschen, die Ukrainer humanitär zu unterstützen.
CDU-Fraktionschef Lechner betonte, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen, parallel müssten die Deutschen wichtige Unterstützung leisten – und die Politik habe die Aufgabe, für die Notwendigkeit dieser Hilfe in der hiesigen Bevölkerung zu werben. Es gehe um die Verteidigung europäischer Werte, da die Ukraine derzeit einen Kampf um diese Werte stellvertretend führe. Grünen-Fraktionschefin Anne Kura hob hervor, die Solidarität mit der Ukraine sei nach mehr als einem Jahr Krieg ungebrochen, dem Volk stehe das Recht auf Selbstverteidigung zu.
Die Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet sollten hier gute Integrationsangebote bekommen – auch wenn klar sei, dass viele von ihnen so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückkehren wollten. Stefan Marzischewski von der AfD erklärte, er bedanke sich für einen offenen Meinungsaustausch mit dem Botschafter. Er habe die Sorge seiner Partei vor einer Eskalation des Konflikts ansprechen können.
Dieser Artikel erschien am 21.04.2023 in der Ausgabe #073.
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