28. Juni 2020 · 
Kolumne

Über Gottesferne, Radioaktivität und NRW-Touristen

Liebe Niedersachsen,

„Das große Problem unserer Zeit ist nicht die Atombombe, sondern die Gottesferne“, erkannte damals schon unser langjähriger Ministerpräsident Ernst Albrecht, der heute seinen 90. Geburtstag feiern würde. Derweil geht die Kernspaltung in der Kirche immer weiter, im vergangenen Jahr stieg die Zahl derjenigen, die der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers den Rücken kehrten, um mehr als 16 Prozent.

Es ist immer wieder tragisch, wenn man selbst total super ist, da draußen das aber niemand merkt. Ich kenne das. Kirchenamts-Präsidentin Stephanie Springer sagte am Freitag:

„Kleine lokale Ereignisse führen zu Austritten. Aber die gute Arbeit der Kirche führt nicht zu Eintritten oder wenigstens zu Nicht-Austritten.“
Statt immer gleich auszutreten, könnten sich die Kirchenmitglieder doch einfach mal an der Ehe-Definition von Ernst Albrecht orientieren: „Vielleicht wäre die Scheidungsquote geringer, wenn die Menschen die Ehe weniger als Zustand denn als Aufgabe begriffen.“ [caption id="attachment_51750" align="alignnone" width="780"] Stephanie Springer musste am Freitag die Zahl der Austritte vorstellen - von Wollen konnte vermutlich keine Rede sein. - Foto: nkw[/caption] Derweil baut sich jeder Minister so seine eigene Atombombe. Grant Hendrik Tonne ist derzeit so eine Art Robert Oppenheimer der Bildungsstreitigkeiten. Erst vergangene Woche hatten zwei seiner Erlasse so viel Sprengkraft, dass der Wasserstoffbombentest „Romeo“ auf dem Bikini-Atoll 1954 dagegen nur wie ein laues Lüftchen wirkte. Und jetzt versucht Tonne zusammen mit den Kommunen den Eltern mitten in der Corona-Krise die Verschiebung der dritten Kraft in den Kinderkrippen unterzumogeln. Sie soll nicht wie geplant im  August, sondern erst 2025 verbindlich werden. Warum? Erklären wir Ihnen heute im Rundblick (kostenloses Probe-Abo hier). https://www.youtube.com/watch?v=rFWRr5b-7E4 Aber so ein bisschen Radioaktivität ist ja auch gar nicht so schlimm, ist uns Niedersachsen schließlich auch schon seit Ernst Albrecht bekannt: „Wir alle wissen, dass ein mäßiger Genuss von Alkohol nicht gesundheitsgefährdend ist. Ähnlich verhält es sich mit der Radioaktivität“, sagte er. Deshalb wäre ein Endlager in Gorleben nicht so schlimm, Touristen aus den Kreisen Warendorf und Gütersloh wollen wir dort aktuell aber nicht haben. Aus touristischer Sicht natürlich eine schwierige Sache, weiß man doch, dass sich die Gorlebener Hotels jetzt in den Sommerferien vor Touristen aus NRW kaum retten können. Wann Touristen aus den beiden NRW-Kreisen in Niedersachsen möglicherweise wieder angereichert  werden dürfen, lesen Sie heute im Rundblick.

Der Niedersachse des Monats...

…wird in diesem Jahr 60 Jahre alt, leitet einen großen Interessensverband und genießt den Ruf, gradlinig sein Ziel zu verfolgen – gegen Widerstände seiner Kritiker. Hier lesen Sie, wer die Juni-Krone trägt.


Wie sieht’s eigentlich mit dem mäßigen Genuss von Fleisch aus? Darüber streiten mein Kollege Klaus Wallbaum und ich heute in einem Pro & Contra. Aber Vorsicht: Auch Debatten über Vegetarismus explodieren recht schnell. Die Text könnten spaltbares Material enthalten. Und glauben Sie bloß nicht, dass ich mir als Vegetarier an dieser Stelle einen Scherz mit Bezug auf die Atombombe „Fat Man“ erlauben würde. So ein bisschen Restniveau muss ja sogar in dieser TagesKolumne noch erhalten bleiben.

Zuletzt noch ein Blick auf diese Woche: Heute startet die Testphase für die Tidesteuerung am Emssperrwerk. Früher hätte man vielleicht einfach eine Atombombe in die Ems geworfen und weg wäre der Schlick, kann man heute aber alles nicht mehr machen. Schon seit Loriots Modellbaukasten „Wir bauen uns ein Atomkraftwerk“ ist schließlich bekannt: Wenn es „Puff“ macht, hat man irgendwo einen Fehler gemacht.

Ich wünsche Ihnen eine strahlend schöne Woche

Martin Brüning

Martin Brüning
AutorMartin Brüning

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail