Die deutsch-französische Freundschaft befindet sich seit etwa einer Woche auf einem Langzeittief. Noch zu Beginn des Jahres hatte Emmanuel Macron die besondere Beziehung der beiden europäischen Kernländer beim Staatsakt zu Ehren von Wolfgang Schäuble hochleben lassen: „Vive l’amitié entre la France et l’Allemagne!“

Doch spätestens seit einer Woche ist aller Welt klar: Zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Élysée-Palast herrscht einstweilen Funkstille. Der eine will keine Raketen an die Ukraine liefern und der andere bringt gar Bodentruppen ins Spiel. Statt gemeinsamer Kommunikation gibt’s unabgestimmte und gegenläufige Statements vor der Öffentlichkeit. Es knistert zwischen Berlin und Paris, und das hat nichts mit amour und viel mit armure zu tun.

Betretenes Schweigen. | Foto: Bundesregierung/Kugler

Als wären die sicherheitspolitischen Zerwürfnisse nicht schon schlimm genug, gibt jetzt auch noch ein niedersächsischer Landespolitiker Öl ins Feuer. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) wandte sich am vergangenen Freitag über eine bemerkenswerte Presseinformation des niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) an die Medien: „Geschlüpft am Dümmer – geschossen in Frankreich“ lautete die Überschrift, die nichts Gutes erahnen ließ.

Worum geht es dem Minister? Mit viel Mühe und auch Liebe werden in Niedersachsen Wiesenvögel aufgepäppelt. Einer von ihnen, ein Kiebitz ohne Namen aber mit der Ring-Nummer 64 20 421 wurde nun in Nordfrankreich tot aufgefunden, erschossen in einem kleinen Dorf etwa 150 Kilometer nördlich von Paris.

Kiebitz-Weibchen mit Küken. Kiebitze sind Bodenbrüter und gelten in Europa als gefährdet und deutschlandweit sogar als stark gefährdet. | Foto: Thorsten Krüger

„Während wir zeigen, dass mit Projekten wie dem ‚GrassBirdHabitats‘ durch gezielte Maßnahmen bedrohte Wiesenvogelarten geschützt und gestärkt werden können, werden die Tiere etwa in Frankreich weiterhin großflächig bejagt“, beklagt Meyer und weiter: „Die Jagd auf Zugvögel gefährdet damit die aufwendigen und kostenintensiven Schutzbemühungen des NLWKN. Die Jagd auf gefährdete Zugvögel im Mittelmeerraum gehört abgeschafft.“

Zweieinhalb Seiten lang ist die Presseinformation rund um das Schicksal von Kiebitz 64 20 421 (hier zum Nachlesen). Nicht zu wenig, um dem Anliegen entsprechend Nachdruck zu verleihen. Aber auch nicht zu viel. Denn man will ja sicherlich nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.



Weder Kanonen noch Spatzen finden Sie im heutigen Rundblick, und auch die deutsch-französische Freundschaft spielt abgesehen davon, dass wir sie in der Redaktion hochschätzen, hier diesmal weiter keine Rolle. Dafür haben wir folgende Themen für Sie:

• Corona-Hilfen: Die Hälfte der Antragsteller haben ihre Schlussabrechnung noch nicht eingereicht und es bleibt ihnen nur noch wenig Zeit. Niedersachsen pocht auf eine Fristverschiebung, doch der Bund will wohl nicht.

• Hofläden: Die Direktvermarktung spielt wirtschaftlich keine große Rolle, ist aber ungemein wichtig für die Akzeptanz der Landwirtschaft. Ein bisschen Bullerbü spielt da sicher auch eine Rolle. Wie aber kann das Land die Hofläden und Webshops stärker unterstützen?

• Interview: Die zweitplatzierte Niedersächsin des Jahres, Carina Hermann, verrät im Rundblick-Interview, was das Parlament aus ihrer Sicht stark macht und wie es noch stärker werden könnte.

Starten Sie gut in die neue Woche!
Ihr Niklas Kleinwächter