8. Nov. 2016 · Bildung

Thümler betont: Wir stimmen dem Islamvertrag in dieser Wahlperiode nicht zu

In der Debatte über den Islamvertrag zeigt CDU-Fraktionschef Björn Thümler den anderen Fraktionen im Landtag die kalte Schulter. „Der Landtag kann einen Vertrag mit den islamischen Verbänden beschließen – aber in dieser Wahlperiode nicht mit Unterstützung der CDU-Landtagsfraktion“, sagte Thümler gestern in einer Veranstaltung, in der das von ihm herausgegebene Buch „Wofür braucht Niedersachsen einen Vertrag mit muslimischen Verbänden?“ (Geest-Verlag, 15 Euro) vorgestellt wurde. Der CDU-Politiker ergänzte, die Landesregierung könne die Vereinbarung mit den Verbänden Ditib und Schura auch ohne das Parlament unterzeichnen. „Der Mut dazu fehlt aber offenbar.“ Ministerpräsident Stephan Weil hatte wiederholt betont, für diese Absicht „eine breite Mehrheit“ anstreben zu wollen. Geplant sind nun mehrere größere Veranstaltungen, in denen über das Thema – auch mit den Verbandsvertretern – gesprochen werden soll. „Wenn man den Teilnehmerkreis bei solchen Treffen begrenzt, ist das Quatsch. Was wir brauchen, ist etwas anderes – ein breiter öffentlicher Dialog, der auch das Verhältnis der Gesellschaft zum Islam überhaupt zum Thema macht“, erklärte Thümler. Ein solcher Prozess brauche Zeit. [caption id="attachment_14233" align="aligncenter" width="780"]Meinungsbeiträge auf 474 Seiten: Das Buch zur Islamvertrag-Frage - Foto: MB. Meinungsbeiträge auf 474 Seiten: Das Buch zur Islamvertrag-Frage - Foto: MB.[/caption] Der CDU-Fraktionsvorsitzende, der sich mit dem Thema Islamvertrag sehr intensiv beschäftigt hat, legte gestern das 474 Seiten starke Buch vor, in dem überwiegend Meinungsbeiträge für den Abschluss eines Islamvertrages enthalten sind. Zu Wort kommen unter anderem der Historiker Hans-Georg Aschoff, der evangelische Landesbischof Ralf Meister und Felix Bernard vom katholischen Büro, aber auch der Justitiar der CDU-Landtagsfraktion, Berend Lindner. Mutmaßungen, er wolle damit parteiintern die Tür für ein Ja der CDU-Fraktion zum Vertrag öffnen, trat Thümler in der Diskussionsveranstaltung entgegen. Die Landesregierung, klagte er, habe den offenen Dialog über dieses Thema viel zu spät begonnen. Zweifel bestünden hinsichtlich von Schura und vor allem Ditib – weil sie keine Religionsgemeinschaften seien, teilweise nur wenige Mitglieder verträten und bei Ditib der Verdacht zu enger Verbindungen zum türkischen Staat bestehe. Außerdem sei es verkehrt, einen Vertrag nur mit schiitischen Organisationen zu schließen, wenn sich die Sunniten anschließend nicht von ihnen vertreten fühlten. „Verträge ersetzen kein Vertrauen“, sagte Thümler und erinnerte daran, dass es viele Jahre gedauert und heftige Diskussionen gekostet habe, bevor der Loccumer Vertrag mit der evangelischen Kirche und das Konkordat mit der katholischen Kirche in Kraft getreten sind. Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) meinte, dass die wichtigen im Vertragsentwurf angesprochenen Fragen – Religionsunterricht, Imam-Ausbildung und finanzielle Förderung der Gemeinden – auch ohne diesen Vertrag geregelt werden könnten. https://soundcloud.com/user-385595761/buch-zum-islamvertrag-im-landtag-vorgestellt Den Part der Befürworter eines Vertragsabschlusses nahm in der CDU-Veranstaltung der Theologe und HAZ-Redakteur Michael B. Berger ein. Er riet dazu, die Vereinbarung trotz vieler berechtigter Bedenken, auch wegen des Einflusses der türkischen Regierung auf Ditib, im Parlament abzusegnen – und zog einen Vergleich zu den Ost-Verträgen der Bundesrepublik mit der DDR in den siebziger Jahren. „Damals lautete das Motto: Wandel durch Annäherung. Das hoffe ich auch hier.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #203.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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