Ein Freund von mir möchte Vater werden. Aus biologischen Gründen blieb ihm dieses Glück bisher verwehrt. Die deutsche Sprache kennt zwar die Wehrgerechtigkeit. Eine Gebärgerechtigkeit gibt es nicht. So spielt das Leben.
Er hat sich also für Adoption entschieden. Das macht man nicht leichtfertig, davon bin ich inzwischen überzeugt. Das Vorbereitungs- und Auswahlverfahren ist langwierig und mitunter hart. Bis zum Ende des Jahres sollte er alle klärenden Gespräche geführt haben, berichtete mir der Freund kürzlich. Der erste dieser zahllosen Termine beim Amt lag dann bald zwei Jahre zurück. Eine Elefanten-Schwangerschaft mit Seelen-Striptease und Herz-und-Nieren-Check. Und selbst danach ist Elternschaft nicht garantiert.
Wer schwanger werden kann und möchte, kriegt das schneller hin, einfacher, und lustvoller vermutlich auch. Aber wie stark durch diesen beschwerlichen Weg die Botschaft an dieses Kind eines Tages sein muss! Ein Kind, das doch sehr wahrscheinlich aus schwierigsten Verhältnissen kommen wird. Du bist gewollt! Kein Kind des Zufalls! Keine Laune der Natur!

Am Donnerstag war Vatertag. Also, eigentlich war ja Christi Himmelfahrt. Aber mit der Anschlussfähigkeit der christlichen Feiertage an die zunehmend säkularere Gesellschaft ist das ja so eine Sache. Manch einer versteht den Vatertag gar als Instrument zur Herstellung der Geschlechtergerechtigkeit. Wenn es einen Muttertag gibt, dann…
Ja, dann darf auch der Vater mit seinen Jungs eine Bollerwagentour machen und sich dabei so richtig volllaufen lassen? Der Vatertag mutiert inzwischen zum kleinen Bruder der Silvesternacht. Vollkommen enthemmt vagabundieren betrunkene Männer durch die Gegend und gefährden dabei ihr Umfeld in einem Maße, dass die Polizeigewerkschaften Tage vorher zu Rücksicht und Fairness aufrufen müssen.
Ist das Vatersein? Wie gut, dass sich die Rollenbilder inzwischen gewandelt haben. Väter sind auch bei der Geburt dabei – und nicht mal immer bei der Zeugung. Väter nehmen auch Elternzeit. Väter gehen auch zu Elternabenden. Väter machen Nächte durch, wenn das Kind zahnt. Väter weinen, wenn ihr Kind groß wird, den Schulabschluss macht, heiratet, selbst Kinder kriegt. Väter sorgen – nicht nur für Brötchen, sondern für Beziehungen. Wenn all das gelingt, dann können Väter am Vatertag doch auch mal eine Kinderwagentour machen. Prost!
Unsere Themen am Brückentag danach:
Starten Sie gut ins Wochenende!
Ihr Niklas Kleinwächter